Es gibt bereits einen umfangreichen Artikel zur Reihen- und Parallelschaltung von Solarmodulen, den ich empfehlen möchte, falls der technische Einstieg hier zu heftig ausfällt. Hilfreich ist auch ein Verständnis über die Funktionsweise des MPPT – Maximum Power Point Tracker.
Darauf baut dieser Artikel auf und wir gehen der Frage nach, wie man Module verschaltet, die unterschiedlich ausgerichtet sind. Dabei steht der Begriff Ost-West-Ausrichtung hier beispielhaft für jede Art der Modulausrichtung bei der zwei oder mehr Solarmodule in unterschiedliche Himmelsrichtungen zeigen.
Messmethode
Nachdem mir (leider platzmäßig :-) kein Solarmesstisch zur Verfügung steht, auf dem ich ganze Solarpanele unter Standard Test Conditions STC messen könnte, muss es eine Nummer kleiner gehen.
Dazu hab ich mir eine kleine Einrichtung gebaut, die es ermöglicht, die Kennlinien von einzelnen Solarzellen aufzunehmen und Messungen an miteinander verschalteten Solarzellen vorzunehmen. Davon habe ich im Artikel über Parallel- und Reihenschaltung bereits ausgiebig Gebrauch gemacht und auch jetzt kommt diese Einrichtung wieder zum Einsatz, wenn unterschiedliche ausgerichtete Solarmodule (Zellen) ihr elektrisches Geheimnis lüften sollen. Von dem links im Bild zu sehenden 5-fach Solarmodul gibt es zwei Stück, so dass auch unterschiedliche Richtungen darstellbar sind.
Zwei Module mit gleicher Ausrichtung
Zur Demonstration verwende ich zwei gleiche Solarmodule mit in etwa folgenden Daten:
Leistung Pmax | 0,57W |
Leerlaufspannung Uoc | 4,33V |
Kurzschlussstrom Isc | 0,18A |
Maximalspannung Ump | 3,48V |
Maximalstrom Imp | 0,16A |
Die beiden Module sind hier – wie man im Schaltbild erkennen kann – parallel geschaltet und gleich zur Sonne ausgerichtet.
Das Diagramm zeigt nun in blau den Strom der Parallelschaltung in Abhängigkeit von der Spannung. Die Kurve simuliert also die Arbeit des MPPT, der hier über seinen Innenwiderstand den gesamten Spannungsbereich von Kurzschluss bis Leerlauf abfährt und den Strom misst. Der ist wie erwartet in etwa doppelt so hoch, wie der eines einzigen Moduls, was bei gleicher Spannung die doppelte Leistung ergibt. Die sieht man in der roten Leistungskurve mit einem Maximum (Maximum Power Point) von etwa 1,15W.
Die Parallelschaltung vereinigt also die Ströme aus beiden Leitungszweigen zu einem und summiert so die Einzelleistungen. Bei einer Reihenschaltung würden sich bei gleichem Strom die Spannungen addieren, was ebenfalls zur doppelten Leistung führt, so lange beide Module gleich beleuchtet werden. Soweit eine kurze Wiederholung aus dem Artikel über die Parallel- und Reihenschaltung.
Unterschiedliche Modulausrichtung
Aber wie schaut es nun aus, wenn die beiden Module nicht gleich ausgerichtet werden, sondern unterschiedlich? Beispielsweise so dass morgens ein Ost-Modul volle Sonne erhält, während gleichzeitig ein West-Modul nur wenig Solarleistung in Form diffuser Strahlung abbekommt.
Die Erwartung wäre im besten Fall, dass die Gesamtleistung nahe an das doppelte des besser beschienenen Moduls herankommt, wenn die Module gerade in einem ähnlichen Winkel zur Sonne stehen. Und im schlechtesten Fall, dass zumindest das besser beschienene Modul noch seine gesamte Leistung einbringen kann und nicht noch vom schwächeren herunter gezogen wird.
a) Reihenschaltung
Schauen wir uns zuerst an, was passiert wenn wir zwei Module in Reihe schalten und unterschiedlich zur Sonne ausrichten. Im Beispielschaltbild haben wir ein Modul nach Osten und das andere nach Westen gerichtet. Beide sind in Reihe verbunden und die Sonne kommt gerade von Osten.
Auf den ersten Blick sehen die Kurven nicht viel anders aus, als oben bei den gleich ausgerichteten Modulen in Parallelschaltung. Wenn wir aber die Achsenbeschriftungen betrachten, fallen zwei Dinge auf:
- Die Spannung (X-Achse) ist doppelt so groß. Das ist bei einer Reihenschaltung auch so zu erwarten.
- Strom und Leistung sind sehr niedrig, bei der Leistung kommen wir in der Spitze nur auf 0,3W.
Die Erwartung für die Leistung wäre aber irgendwo zwischen ca. 0,57W (ein Modul voll beschienen) und 1,15W (beide Module voll beschienen). 0,3 Watt ist ein sehr enttäuschender Wert. Wie lässt sich das erklären?
Bei einer Reihenschaltung muss der selbe Strom durch beide Module fließen, es gibt nur diesen einen Weg und keinerlei Abzweigungen oder Umgehungen. Wenn dann ein Modul schwächer beschienen wird, als das andere, dann kann es weniger Strom liefern und hat so einen höheren Innenwiderstand, der auch den Strom des anderen Moduls hemmt. Man kann sich das vorstellen, als würde man einen dicken Wasserschlauch mit einem dünneren verlängern wollen. Nachdem das gesamte Wasser auch durch den dünneren Schlauch hindurch muss, ist der dünne Schlauch der begrenzende Faktor der gesamten Leitung. Und ebenso ist es beim Strom. Ein schwächer beschienenes Modul senkt den Stromfluss für alle Solarmodule im String.
Aber müssten dann nicht die Bypassdioden den Strom des stärkeren Moduls um den Engpass herum leiten? Leider nein, denn hier liegt keine Verschattung vor, die die Spannung des schwächeren Moduls gegen Null reduzieren würde. Das Modul ist durchaus beleuchtet, man sieht das an der doppelten Spannung im Diagramm. Und die Modulspannung verhindert das Durchschalten der Dioden.
Wir können uns merken:
- Eine Reihenschaltung ist nicht für unterschiedlich ausgerichtete Module geeignet.
- Schwache Bestrahlung ist keine Verschattung, Bypassdioden helfen hier nicht.
b) Parallelschaltung
Dann probieren wir es mit einer Parallelschaltung. Hier liegen Ost- und West-Modul in separaten Leitungszweigen, die zum Wechselrichter hin zusammengefasst werden. In der Praxis macht man das mit Y-Kabeln.
Und im Diagramm sieht es auch gleich besser aus.
Die Spannung passt, denn bei Parallelschaltung gibt es keine Verdoppelung der Spannung und Strom und Leistung befinden sich innerhalb der Erwartung, also mehr als die Leistung eines, aber weniger als die Leistung von zwei beschienenen Modulen.
Wir können uns merken:
- Eine Parallelschaltung ist für unterschiedlich ausgerichtete Module gut geeignet.
- Auch das schwächere Modul kann noch Leistung zur Gesamtleistung beisteuern.
Vereinigung der Einzelleistungen
Jetzt wollen wir genauer wissen, wie sich die Leistungen der beiden Module zu einer Gesamtleistung ergänzen und werfen dazu einen Blick auf die Ströme:
In roter Farbe sehen wir die Stromkurve des stark beschienenen Solarpanels, in gelb das schwach beschienene und die blaue Kurve stellt den Gesamtstrom dar, der nach Vereinigung der Einzelströme zum Wechselrichter fließt. Überschlagsmäßig kann man sagen, dass der Gesamtstrom die Summe der Einzelströme ist. Was in dieser Auflösung leider nicht sichtbar ist, aber trotzdem bemerkenswert, ist die Tatsache, dass der letzte Datenpunkt der gelben Kurve ganz rechts leicht negativ ist. Darauf werde ich später noch zurück kommen.
Aber schauen wir erst auf die Spannungen. Gleiche Solarmodule haben bei unterschiedlicher Sonneneinstrahlung unterschiedliche Spannungen (sowohl Leerlauf- als auch MPP-Spannung). Das kann man in jedem Moduldatenblatt sehen, wenn man die Spannungen unter STC-Bedingungen (1000W/m² Solarstrahlung) mit denen unter NOCT-Bedingungen (800W/m²) vergleicht. Werden die beiden aber miteinander parallel geschaltet, dann kann es an den Verbindungspunkten (die auch zum Wechselrichter führen) nur eine Spannung geben. Im Leerlauf wird die resultierende Spannung zwischen den beiden ursprünglichen Leerlaufspannungen liegen, was zu einem Ausgleichsstrom zwischen den Modulen führt. Darauf kommen wir noch. Im belasteten Zustand wird die resultierende Spannung niedriger als die beiden ursprünglichen Leerlaufspannungen liegen und der Strom wird durch den Wechselrichter laufen. Wichtig für den Moment ist die Tatsache, dass an beiden Modulen die selbe Spannung anliegt und das ist die, die im Diagramm auf der X-Achse aufgetragen ist.
Wenn wir dann die Leistung haben wollen, können wir für jeden Arbeitspunkt des Diagramms einfach die gemessene Spannung mit dem Gesamtstrom multiplizieren. Einzelspannungen brauchen nicht betrachtet werden.
Verluste bei der Parallelschaltung
Bei der Reihenschaltung haben wir gesehen, dass am Ende wesentlich weniger Leistung herauskommt, als die einzelnen Module getrennt liefern könnten, die Parallelschaltung macht beim ersten Blick auf die Kurven den Eindruck, als würde es dort diese Verluste nicht geben. Aber kann ein wenig beschienenes Solarmodul die wenige Leistung, die es alleine erbringen könnte, auch in einer Parallelschaltung mit einem viel stärkeren Modul voll einbringen? Vor allem in Hinblick darauf, dass die Spannung viel geringer sein sollte im Vergleich zum stärkeren Modul? Diese Frage konnte ich durch Internetrecherche nicht beantworten, also bleibt nur das Experiment.
Dazu habe ich drei dutzend Messungen durchgeführt mit verschiedenen Konstellationen und dabei immer für beide Module die Einzelleistungen im Maximum Power Point gemessen, sowie die Gesamtleistung bei der Parallelschaltung. Die X-Achse ist in diesem Diagramm so zu lesen, dass die Prozentzahl angibt, wie viel Leistung das schwache Modul in Relation zum starken einzeln erbringen kann. Bei 50% hätte also ein Westmodul beispielsweise am Vormittag die halbe Leistung eines Ostmoduls. Die Y-Achse gibt nun an, wie viel Prozent der Leistung des schwächeren Moduls bei der Parallelschaltung noch hinten raus kommt, wenn man annimmt, dass das starke Modul seine eigene Leistung zu 100% durchdrücken kann.
Wie man sieht, befinden sich alle Punkte sehr weit oben in der Grafik, was den Schluss zulässt, dass sich die Einzelleistungen der beiden Solarmodule tatsächlich addieren bei höchstens geringen Verlusten.
Dass bei meinen Messungen auch Werte unter 95% vorkommen, sollte nicht überbewertet werden. Das kann folgende Ursachen haben:
- Messfehler,
- die Tatsache, dass bei diesen geringen Spannungen und Strömen, die Messeinrichtungen selbst überproportional viel Leistung aufnehmen,
- Schwierigkeiten von Hand mit einem Potentiometer, einen Maximum Power Point genau zu treffen.
Trotzdem würde ich Verluste bei der Parallelschaltung in Betracht ziehen, die daraus resultieren, dass die Spannungen, bei denen die Module ihre Maximalleistung abgeben (Ump) bei unterschiedlicher Sonneneinstrahlung auch unterschiedlich sind, aber der MPPT nur eine Spannung einstellen kann. Er muss also immer einen Kompromiss machen, der es unwahrscheinlich erscheinen lässt, dass die Parallelschaltung ganz verlustfrei abläuft. Die Verluste würde ich mit wenigen Prozent der Leistung des schwächeren Moduls schätzen, tendenziell etwas höher, wenn der Leistungsunterschied der Module hoch ist und gegen null laufend bei gleich beschienen Modulen. Wenn also ein Modul 400W bringt und das andere 100W, dann würde ich bei Parallelschaltung der beiden um die 495W erwarten. Da das aber jenseits meiner möglichen Messgenauigkeit liegt, bleibt das Spekulation. Für die Praxis spielen diese geringen Verluste aber kaum eine Rolle.
Ausgleichsströme
Aber was ist nun mit den Ausgleichsströmen, die fließen, wenn man Module (oder Spannungsquellen allgemein) mit unterschiedlichen Spannungen parallel schaltet. Die lassen sich berechnen (Differenz der Einzelspannungen dividiert durch die Summe der Innenwiderstände) und sie lassen sich auch messen. Aber sie treten nur im Leerlauf auf, also bei offenen Leitungsenden, oder wenn der Wechselrichter keine Leistung zieht (oder bei einem Laderegler wenn die Batterie voll ist). Sobald eine Last im Spiel ist, also ein arbeitender Wechselrichter, zieht die Last die Spannung so weit nach unten, dass sie unterhalb von beiden Leerlaufspannungen liegt. Dann fließt aller Strom in den Wechselrichter und keiner mehr rückwärts durch ein Modul.
Um das zu verstehen, möchte ich wieder eine Analogie zum Wasser bemühen. Stellen wir uns zwei Stauseen vor, einer auf 1000m Seehöhe und einer auf 800m. Wenn wir beide nun mit einem Rohr verbinden, wird sich zweifellos der obere See langsam in den unteren entleeren. Es gibt einen Ausgleichs-Wasserstrom in den unteren See, hervorgerufen durch den Potentialunterschied. Wenn wir nun das Verbindungsrohr am Zufluss zum unteren See kappen und beide Öffnungen in einem dicken Rohr zusammenführen und in das noch tiefer liegende Kraftwerk leiten, dann wird das Wasser aus beiden Stauseen ins Kraftwerk abfließen und keines mehr in den unteren See. Würde das Kraftwerk aber kein Wasser mehr aufnehmen, würde der untere See wieder volllaufen.
Der Ausgleichsstrom fließt im Leerlauf immer vom Modul mit der höheren Spannung zum (und durch) das Modul mit der niedrigeren Spannung. Kurioserweise muss das aber keineswegs bedeuten, dass der Strom vom stärker beschienenen Modul zum weniger stark beschienenen fließt, wie man annehmen würde. Bei Morgensonne auf eine Ost-West-Verschaltung führt zwar die geringere Leistung am Westmodul dort zu einer geringeren Leerlaufspannung, gleichzeitig wird aber das Ost-Modul durch die Sonne erwärmt während das Westmodul kalt bleibt. Dadurch senkt die steigende Temperatur die Spannung im Ostmodul ebenfalls ab. Die beiden Effekte arbeiten dabei gegeneinander, so dass sich nicht sagen lässt, welche Leerlaufspanung nun niedriger ist, oder ob sie sich dadurch nicht wieder angleichen. Aber wie gesagt, Ausgleichsströme kommen nur im Leerlauf vor.
Was passiert durch einen Ausgleichsstrom? Er fließt in verkehrter Richtung durch das Modul mit der geringeren Leerlaufspannung und geht dort in Wärme auf. Ob und bei welcher Stromstärke das den Zellen schadet, bleibt Spekulation. Es sind aber wohl im Winter bereits Solarmodule beobachtet worden, die früher als andere ihre Schneedecke abgeschmolzen haben. :-) Zur Verhinderung von Ausgleichsströmen werden Sperrdioden angeboten, die man in die Modulleitungen stecken kann, bei Parallelschaltungen von baugleichen Modulen, sind die aber nicht erforderlich.
Was war noch wichtig:
- Die Parallelschaltung von unterschiedlich ausgerichteten (baugleichen) Modulen geht fast verlustfrei vor sich. Auch das unbeschienene Modul kann seine Leistung fast vollständig an den Wechselrichter bringen.
- Ausgleichsströme fließen nur im Leerlauf.
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