Balkonkraftwerk Teil 13: Parallel- und Reihenschaltung

Balkonkraftwerk

So lange es zu jedem Solarmodul einen eigenen Anschluss und MPPT am Wechselrichter gibt, ist der Aufbau eines Balkonkraftwerks denkbar einfach. Einfach zusammenstecken – eine Verpolung ist unmöglich. Komplizierter wird es, wenn beispielsweise vier Module mit einem Wechselrichter mit einem oder zwei Eingängen verbunden werden sollen. Hier müssen die Module zuerst parallel oder in Reihe mit einander verschaltet werden, was in der Regel durchaus möglich ist. Beim Stringwechselrichter ist es sogar die Regel, alle Module in Reihe an einen einzigen MPPT anzuschließen. In Folge 4 dieser Artikelserie „Passende Komponenten finden“ bin ich bereits auf Reihen- und Parallelschaltung eingegangen, Grundsätzliches dazu gibt es auch in Teil 5 „Elektrotechnik für Balkonkraftwerker„. In diesem Artikel werden wir weiter ins Detail gehen, Ströme und Spannungen anhand realer Messungen betrachten und lernen, was geht und was man besser nicht macht.

Messeinrichtung

Zum Einstieg ins Thema möchte ich den vorangegangenen Artikel „MPPT“ empfehlen, in ihm wird die Messeinrichtung und das Verfahren vorgestellt, mit der auch die Daten für die Diagramme in diesem Artikel aufgenommen wurden. Auf dem nebenstehenden Bild sieht man links die Nachbildung eines Solarpanels mit 5 Zellen, deren Anschlüsse einzeln nach hinten herausgeführt werden und mit Wago-Klemmen beliebig verschaltet werden können. Rechts ist die Simulation eines Wechselrichter-MPPTs und die Messeinrichtung (3x Strom und Spannung) auf Basis eines Raspberry Pi.

In den nachfolgenden Szenarien werden jeweils mehrere einzelne Solarzellen miteinander parallel oder in Reihe verschaltet. Im Vergleich zu ganzen Solarpanelen sind die gemessenen elektrischen Werte natürlich wesentlich kleiner, die Schlussfolgerungen aus den Messergebnissen gelten aber für Solarzellen und Solarpanele gleichermaßen.

Davor noch ein kleiner Exkurs zum Thema „STC – Standard Test Conditions“. Das Kürzel findet man auf allen Datenblättern von Solarmodulen und es bedeutet, dass die Kennwerte dieser Solarmodule alle unter einheitlich definierten Testbedingungen ermittelt wurden. Diese Testbedingungen lauten: Lichteinstrahlung von 1000W pro Quadratmeter bei einer Temperatur von 25 Grad. Mir steht leider kein Solarmesstisch zur Verfügung, damit ich meine Messungen auch unter normierten STC Testbedingungen durchführen könnte und auch keine Lampe, die 1000W/m2 bringen würde. So muss bei mir einfach die Sonne herhalten und die Messungen weichen nicht nur von den STC Bedingungen ab, sondern auch untereinander, weil sie zu verschiedenen Tageszeiten erfolgen oder gar an unterschiedlichen Tagen und bei nicht immer gleichem Wetter. Die Aussagen der Messungen sind folglich immer nur qualitativ zu sehen und nicht auf die x-te Kommastelle genau.

Verschalten von gleichen Solarmodulen

Gleiche Solarmodule“ meint hier nicht nur Module mit der gleichen Peakleistung, sondern wirklich baugleiche Module mit weitgehend identischen elektrischen Daten. Um nicht baugleiche Module geht es dann weiter unten im zweiten Teil dieses Artikels.

Zur Demonstration verwende ich 4 gleiche Solarzellen mit jeweils folgenden Daten:

Leistung Pmax0,285W
Leerlaufspannung Uoc2,166V
Kurzschlussstrom Isc0,178A
Maximalspannung Ump1,742V
Maximalstrom Imp0,164A

Vier Zellen (oder Solarpanel) lassen sich auf vier verschiedene (sinnvolle) Arten mit einander verschalten, die wir uns nun im Detail ansehen.

Reihenschaltung vier gleicher Module

Schaltbild 4 Module in Reihe

Diese Art der Verschaltung kennt jeder, denn so sind die einzelnen Solarzellen innerhalb eines Solarmoduls typischerweise angeordnet. Der Pluspol der einen Zelle ist verbunden mit dem Minuspol der nächsten und so weiter. Die verbleibenden beiden Enden sind dann die Modulanschlüsse. Die Reihenschaltung ist auch gebräuchlich bei großen Dach-PV-Anlagen. Hier wird auf Modulebene der Pluspol des einen auf dem Minuspol des nächsten Solarpanels gesteckt und die Kette der Module wird dann String genannt. Die beiden verbleibenden Enden des Strings gehen dann auf einen sogenannten Stringwechselrichter. Bei vielen Modulen am Dach kann man durch Reihenschaltung den Verkabelungsaufwand gering halten, da nur die beiden Enden zum Wechselrichter geführt werden müssen und nicht alle Modulanschlüsse.

4 Module in Reihe

Wer den vorhergegangenen MPPT-Artikel gelesen hat, dem sind diese beiden Kurven vertraut. Hier wird ein Maximum Power Point Tracker simuliert und der gesamte Spannungsbereich der Zellenverschaltung abgefahren und dabei Strom und Leistung ermittelt. Dabei entspricht das linke Ende der Kurven einem Kurzschluss (maximaler Strom, Spannung null) und das rechte Ende dem Leerlauf (maximale Spannung, Strom null). Der höchste Punkt der roten Leistungskurve ist der Maximum Power Point.

Wir sehen auf der X-Achse einen recht weiten Spannungsbereich, der bis über 8V führt und einen recht geringen Strom von unter 0,2A. Und tatsächlich entspricht die gemessene Stromstärke der einer einzelnen Zelle und die Gesamtspannung der 4-fachen Leerlaufspannung einer Zelle. Das gleiche gilt auch für die Leistung.

Für eine Reihenschaltung gilt:

  • Die Einzelspannungen addieren sich,
  • der selbe Strom fließt durch alle Zellen und
  • die Einzelleistungen addieren sich.

Parallelschaltung vier gleicher Module

Schaltbild: 4 Module parallel

Der Gegenentwurf zur Reihenschaltung ist die Parallelschaltung. Hier werden alle Pluspole der einzelnen Zellen (oder Module) zusammen geschaltet und ebenso alle Minuspole. Sammelplus und Sammelminus gehen dann an den Wechselrichter. Um zwei Solarmodule parallel zu schalten, verwendet man zwei so genannte Y-Kabel. Das eine Ende wird an den Wechselrichter gesteckt, die verbleibenden an jeweils ein Modul. Das gleiche geschieht mit dem zweiten Wechselrichterstecker. Eine Parallelschaltung von zwei Solarmodulen verwendet man, wenn mehr Leistung gewünscht wird, aber der verwendete Modulwechselrichter keine weiteren direkten Anschlüsse mehr hat und eine Reihenschaltung (aufgrund dann zu hoher Spannung) ausscheidet.

4 Module parallel

Die Messdaten unterscheiden sich deutlich von der Reihenschaltung. Der Spannungsbereich ist sehr klein, der Strom aber wesentlich höher. Genau betrachtet ist die Spannung von parallel geschalteten Zellen nicht anders als die Spannung einer einzelnen Zelle, aber durch die Zusammenführung von 4 Zellen vervierfacht sich der Strom und damit auch die Leistung.

Für eine Parallelschaltung gilt:

  • Die Spannung ändert sich nicht,
  • die Einzelströme addieren sich und
  • die Einzelleistungen addieren sich.

Reihenschaltung zweier parallel geschalteter Modulpaare

Schaltbild: Reihenschaltung zweier parallel geschalteter Modulpaare

Eine solche Kombination von Parallel- und Reihenschaltung ist theoretisch möglich, aber mit Solarmodulen kaum gebräuchlich. Modulintern kann es bei Halb- und Drittelzellenmodulen aber durchaus vorkommen, dass parallel geschaltete Zellengruppen ihrerseits wieder in Reihe geschaltet werden.

Reihenschaltung zweier parallel geschalteter Modulpaare

Wie nicht anders zu erwarten mit einer Kombination aus Parallel- und Reihenschaltung haben wir hier im Vergleich zur Einzelzelle die doppelte Spannung und den doppelten Strom, was wiederum die vierfache Leistung ergibt.

Parallelschaltung zweier in Reihe geschalteter Modulpaare

Schaltbild: Parallelschaltung zweier in Reihe geschalteter Modulpaare

Dies ist die zweite Variante Parallel- und Reihenschaltung mit einander zu kombinieren. Im Unterschied zur vorhergehenden werden hier erst zwei Zellen in Reihe geschaltet und zwei solcher Reihen (Strings) dann miteinander parallel. Diese Variante ist auf Modulebene sehr wohl gebräuchlich. Einmal bei Dach-PV mit einem Stringwechselrichter mit nur einem MPPT, an den zwei Strings angeschlossen werden sollen – zum Beispiel ein Ost- und ein West-String.
Eine zweite durchaus übliche Verwendungsmöglichkeit dieser Verschaltung kommt in Frage, wenn man kleine Campingsolarmodule mit nur 19V an einen typischen Einspeise-Modulwechselrichter anschließen möchte. Die 19V sind in der Regel zu wenig für einen Modulwechselrichter, so dass man zuerst einmal zwei davon in Reihe schaltet, um auf 38V zu kommen. Dann können mehrere solcher Kleinstrings parallel geschaltet werden um höhere Ströme zu erreichen und damit mehr Leistung.

Parallelschaltung zweier in Reihe geschalteter Modulpaare

Diese beiden Kurven unterscheiden sich nicht von den vorhergegangenen, es ist elektrisch gesehen also egal, ob man bei 4 Zellen zuerst zwei in Reihe oder zuerst parallel schaltet.

Die vier bisher gezeigten Verschaltungen sind alle sinnvoll und führen dazu, dass bei vier Zellen (oder Solarmodulen) auch die vierfache Gesamtleistung erreicht wird. Bei den nun folgenden Kombinationen sieht das ganz anders aus.

Verschalten von unterschiedlichen Solarmodulen

Reihenschaltung unterschiedlicher Solarmodule

Ungleiche Module in Reihe
Solarzelle 1Solarzelle 2
Leistung Pmax0,57W0,57W
Leerlaufspannung Uoc2,17V4,33V
Kurzschlussstrom Isc0,36A0,18A
Maximalspannung Ump1,74V3,48V
Maximalstrom Imp0,33A0,16A

Nehmen wir als erstes eine einfache Reihenschaltung von zwei Modulen, die zwar die gleiche Leistung haben, aber unterschiedliche Spannungen und unterschiedliche Ströme. Über den gesamten Spannungsbereich von Kurzschluss (ganz links) bis Leerlauf (ganz rechts) ergeben sich folgende Kurven für den Strom und die Gesamtleistung:

Reihenschaltung unterschiedlicher Solarmodule

Rufen wir die Regeln zurück ins Gedächtnis, die wir weiter oben für die Reihenschaltung von Zellen und Modulen aufgestellt haben und vergleichen sie mit den aktuellen Messungen:

  • Die Einzelspannungen addieren sich: in der Tat, das ist auch bei ungleichen Modulen der Fall, die Leerlaufspannungen von 2,17V und 4,33V addieren sich zu 6,5V, die wir am Ende der X-Achse auch sehen.
  • Der selbe Strom fließt durch alle Zellen: das ist zwangsweise so, weil es ja keine Verzweigungsmöglichkeit gibt, wo Strom abfließen könnte. Allerdings fließen nur etwas weniger als 0,2A, was dem Kurzschlusstrom der (schwächeren) Zelle 2 entspricht. Die Zelle 1 kann offensichtlich ihren an sich höheren Strom von 0,36A nicht einbringen.
  • Die Einzelleistungen addieren sich: das stimmt hier ganz offensichtlich nicht. Rein rechnerisch müsste sich eine Gesamtleistung von 1,14A ergeben. Messen können wir im MPP jedoch nur 0,9A.

Wie ist das zu erklären? Die Ursache der geringeren Gesamtleistung liegt darin, dass ein und der selbe Strom durch beide Solarzellen hindurch muss. Hier stellt die Zelle mit dem geringeren Strom einen Engpass dar, vergleichbar mit einem Gartenschlauch, denn man an einer Stelle mit der Hand abdrückt und so den Durchfluss vermindert. Die strommäßig stärkere Zelle 1 kann folglich nur so viel Strom liefern, wie auch durch Zelle 2 hindurch fließen kann. Und das begrenzt auch die Leistung von Zelle 1 so dass die Gesamtleistung deutlich hinter der Erwartung zurück bleibt.

Erkenntnis: Nur Solarmodule mit gleichen Strömen in Reihe schalten! Sonst begrenzt das schwächste Modul den Strom im gesamten String.

Parallelschaltung unterschiedlicher Solarmodule

Solarzelle 1Solarzelle 2
Leistung Pmax0,57W0,57W
Leerlaufspannung Uoc4,33V2,17V
Kurzschlussstrom Isc0,18A0,36A
Maximalspannung Ump3,48V1,74V
Maximalstrom Imp0,16A0,33A

Nun betrachten wir die Parallelschaltung von zwei ungleichen Modulen, die haben in diesem Beispiel unterschiedliche Spannung, unterschiedlichen Strom aber gleiche Leistung. Das Diagramm wird leider etwas unübersichtlich, da wir zum Verständnis auch den Teilstrom und Teilleistung an der spannungsmäßig schwächeren Zelle 2 betrachten.

Parallelschaltung verschiedener Module

Vergleichen wir auch hier die Regeln für die Parallelschaltung mit den Daten, die das Diagramm liefert:

  • Die Spannung ändert sich nicht: das passt schon mal nicht. Bei der Parallelschaltung kann es nur eine Spannung geben und das ist offensichtlich nicht die höhere Spannung der Zelle 1. Die Spannung scheint fast auf das Niveau der Zelle 2 herunter gezogen zu werden.
  • Die Einzelströme addieren sich: das trifft zu, aber schauen wir genauer hin. Der Teilstrom durch Zelle 2 (gelbe Kurve) beginnt im rechten Teil des Diagramms abzufallen und wird im Bereich kurz vor dem Leerlauf sogar negativ (!). Der Gesamtstrom (blau) ist die Summe der beiden Einzelströme, durch den negativen Teilstrom 2 wird er im Leerlauf (ganz rechts) null, was wiederum durchaus der Erwartung entspricht.
  • Die Einzelleistungen addieren sich: durch den negativen Teilstrom 2 wird auch die Teilleistung 2 (grün) nahe des Leerlaufs negativ und zieht so die Gesamtleistung im Leerlauf auf null. Die Teilleistungen addieren sich durchaus, aber es addieren sich nicht die Maximalleistungen der Zellen. Zu erwarten wären rechnerisch 1,14W, die gemessene Leistung im MPP beträgt jedoch nur 0,8W.

Wie ist das zu erklären? Der negative Teilstrom 2 ist nur so zu erklären, dass nahe des Leerlaufs die Solarzelle 2 keine Leistung mehr liefert, sondern im Gegenteil Leistung aufnimmt und somit als Widerstand wirkt. Die Ursache dafür liegt im Potentialunterschied der beiden Modulspannungen, der einen Ausgleich sucht. Bei hoher Last durch den Wechselrichters nimmt der Wechselrichter den gesamten Strom beider Zellen auf. Bei schwindender Last nahe am Leerlauf fließt immer weniger Strom zum Wechselrichter und die stärkere Zelle 1 drückt den Strom statt dessen durch Zelle 2. Dass das einer maximalen Leistungsausbeute durch den Wechselrichter nicht förderlich ist, liegt auf der Hand.

Erkenntnis: Nur Solarmodule mit gleichen Spannungen parallel schalten! Sonst zieht das schwächere Modul die Spannung herunter und das stärkere drückt Strom durch das schwächere Modul.

Einsatz von Sperrdioden bei der Parallelschaltung unterschiedlicher Solarmodule

Ein Stromfluss durch Module in verkehrter Richtung ist grundsätzlich unerwünscht. Nicht nur weil dieser Strom und die entsprechende Leistung dem Wechselrichter nicht zur Verfügung steht, sondern auch weil diese Leistung zur Erwärmung des entsprechenden Moduls führt. Irgendwo muss die Leistung ja bleiben, also muss sie vom Modul als Wärme abgeführt werden, was im Winter den netten Effekt hat, dass das schwächere Modul in einer solchen Konstellation schneller schneefrei ist.

Sperrdioden bei der Parallelschaltung unterschiedlicher Solarmodul

Um den Stromfluss durch ein schwächeres Modul bei Parallelschaltung zu vermeiden werden gerne Sperrdioden eingesetzt. Die gibt es in Steckerform mit MC4-Anschlüssen auf beiden Seiten. Eine solche Diode wird in den Zweig des spannungsmäßig schwächeren Moduls 2 so geschaltet, dass der Strom, den das Modul 2 selbst erzeugt, in Durchflussrichtung zum Wechselrichter gelangen kann, Strom von Modul 1 ins Modul 2 aber gesperrt wird. Die Auswirkungen einer solchen Diode sehen wir im folgenden Diagramm. Hier werden die selben Zellen eingesetzt wie bei der vorhergegangenen Messung, ergänzt lediglich um eine Sperrdiode im Strang von Zelle 2.

Auffällig ist, dass die Gesamtspannung nicht mehr herunter gezogen wird, sie bleibt auf dem Niveau von Zelle 1 bei 4,33V. Die Diode bewirkt auch wie erwartet, dass es keinen negativen Stromfluss mehr durch Zelle 2 gibt, Strom und Leistung von Zelle 2 gehen aber mit zunehmender Spannung auf null und Zelle 2 bringt im rechten Teil des Diagramms keinen Beitrag mehr zur Gesamtleistung. Auffällig sind die beiden Hochs in der Leistungskurve (rot). Links die Kombination von zwei Teilleistungen und rechts nur noch die Leistung von Zelle 1. Solche lokalen Hochs in der Leistungskurve machen es dem MPPT schwer, das wirklich höchste Hoch zu finden. Eine kleine Variation der Spannung würde, wenn sich der MPPT am falschen (linken) Hoch befindet, nur dieses optimieren, aber nicht das höhere rechte Hoch finden. Dazu braucht es schlaue Algorithmen im MPPT, so dass dieser von Zeit zu Zeit den gesamten MPPT-Spannungsbereich abscannt um ein eventuell höheres Hoch zu finden.

Erkenntnis: Sperrdioden verhindern bei parallelen Modulen nur den Stromfluss durch das schwächere Modul, sie führen zu keiner Leistungssteigerung. Im Gegenteil, durch die Diode geht Leistung verloren, so dass im Extremfall der Ast mit dem schwächeren Modul für die Leistungsgewinnung komplett ausfällt.

Mythos: Zwei Module parallel führen zum doppelten Strom

In Internetforen und -gruppen zum Thema Balkonkraftwerk wird oft der Wunsch geäußert, die Leistungsausbeute durch zusätzliche Module am vorhandenen Modulwechselrichter erhöhen zu wollen. Vor allem in lichtschwachen Zeiten, also morgens und abends und generell im Winter kann das durchaus sinnvoll sein. Wie man das in der Praxis tut und worauf zu achten ist, bespreche ich im nächsten Abschnitt. Vorher möchte ich noch einen Mythos ausräumen, der ebenfalls im Internet zu diesem Thema kursiert und nicht tot zu kriegen ist:

„Zwei Module parallel führen zum doppelten Strom und das grillt den Wechselrichter.“

Nehmen wir einen Hoymiles HM-600, so ist dessen maximaler Strom im Datenblatt mit 11,5A angegeben und ein Solarmodul mit sagen wir mal 10A wäre vollkommen in Ordnung, aber zwei davon parallel würden 20A liefern, was für den Wechselrichter zu viel wäre. Was ist von dieser Aussage zu halten?

Parallelschaltung mit Schalter

In der Tat ist eine Erkenntnis aus den Messungen weiter oben, dass sich bei Parallelschaltung die Einzelströme addieren. Machen wir dazu ein Experiment mit zwei Solarzellen. Eine davon befindet sich bereits am Wechselrichter, wir messen Spannung, Strom und Leistung und schalten dann eine zweite baugleiche Zelle dazu. Wird sich der Strom verdoppeln?

Die X-Achse ist diesmal die Zeit und links beginnend haben wir im Diagramm die Betriebsdaten einer einzelnen Zelle. Die Stromstärke (rote Kurve) liegt bei ca. 0,17A. Nun legen wir den Schalter um und haben somit zwei Zellen parallel geschaltet. Die Stromstärke steigt aber nur geringfügig auf 0,2A – offensichtlich keine Verdoppelung. Nun lassen wir den MPPT arbeiten und den optimalen Arbeitspunkt finden. Danach messen wir den Strom erneut, er ist auf 0,32A angestiegen, was jetzt einer Verdoppelung des ursprünglichen Stroms gleich kommt.

Wie schaut es mit der Spannung aus? Die sollte sich bei Parallelschaltung eigentlich nicht ändern. Tatsächlich steigt die Spannung (blau) beim Zuschalten des zweiten Moduls erst einmal kräftig an und kehrt nach dem Einpegeln des MPPT wieder in den ursprünglichen Bereich zurück.

Die erwartet doppelte Leistung wird ebenso wie beim Strom nicht durch die Parallelschaltung an sich erreicht, sondern erst durch die Optimierung durch den MPPT.

Wie ist das zu erklären? Die Stromstärke einer Zelle oder eines Moduls im Maximum Power Point (Imp) laut Datenblatt ist lediglich das maximale Vermögen des Moduls Strom zu liefern. Wie viel Strom wirklich fließt, das bestimmt nicht das Modul sondern der Wechselrichter. Siehe MPPT-Artikel. Der doppelte Strom bei einer Parallelschaltung fließt also nur, wenn der MPPT diesen auch abruft. Das wird aber in den meisten Balkonkraftwerkskonstellationen niemals der Fall sein, weil der MPPT entweder beim zulässigen Maximalstrom begrenzt oder bei der maximalen Eingangsleistung.

Und die Spannung? Sollte die bei Parallelschaltung nicht gleich bleiben? Wie kann sich die Spannung dabei erhöhen? Die Spannung wird in der Tat erst einmal durch das Solarmodul bestimmt, aber sie hängt vor allem von der Last ab. Denn die Spannung bricht bei Solarmodulen in Abhängigkeit von der Last ein. Die Erklärung dafür findet sich im MPPT-Artikel. Wenn sich dann zwei Module die Last des Wechselrichters teilen, dann ist jedes Modul geringer belastet, als wenn es die Last allein tragen müsste. Und geringere Last bedeutet, dass die Modulspannung weniger einbricht. Das relativiert sich jedoch, wenn der MPPT auch die doppelte Leistung abruft, damit ist eine Zelle ebenso belastet wie zuvor.

Erkenntnis: Bei der Parallelschaltung zweier gleicher Module addieren sich die beiden realen Teilströme, aber nicht die beiden Maximalströme aus dem Datenblatt. Die Höhe des Stroms (und damit der Leistung) bestimmt maßgeblich die einprogrammierte Logik des MPPT.

Parallel- und Reihenschaltung in der Praxis

Was bedeuten die vorangegangenen Messungen nun in der Praxis für die Parallel- und Reihenschaltung von Modulen an Wechselrichtern bei Balkonkraftwerken?

Passende Verschaltungen für den Wechselrichter finden

In Teil 4 dieser Artikelserie mit dem Titel „Passende Komponenten finden“ habe ich einmal zwei Grundanforderungen für das Verschalten von Solarmodulen und Wechselrichtern definiert. Die möchte ich hier wieder aufgreifen und für die Belange von Reihen und Parallelschaltung ergänzen.

Anforderung 1: Solarmodule dürfen den Wechselrichter nicht zerstören

Und sie dürfen den Wechselrichter auch nicht dazu bringen, eine Notabschaltung wegen Überlastung durchzuführen. Dabei geht es hauptsächlich um die Modulspannung, die dem Wechselrichter gefährlich werden kann, wenn sie zu hoch ist.

Parallelschaltung

Bei einem Modulwechselrichter beträgt die maximale Eingangsspannung in der Regel 60V. Diese 60V dürfen vom Solarmodul oder einer Verschaltung aus mehreren Solarmodulen nicht überschritten werden. Dabei muss ein Sicherheitsabstand berücksichtigt werden, da die Modulspannung mit sinkender Temperatur im Winter steigen wird. Bei typischen Photovoltaikmodulen in der 400Wp+ Klasse (mit einer Leerlaufspannung von 35-50V) ist somit eine Reihenschaltung an einem Modulwechselrichter nicht möglich. Lediglich zwei Campingmodule (mit einer Leerlaufspannung von ca. 19V) könnten in Reihe geschaltet werden und müssten es auch um die nötige Eingangsspannung zu erreichen. Typischerweise werden Solarmodule zur Leistungssteigerung an Modulwechselrichtern aber parallel geschaltet.

Reihenschaltung

Bei Stringwechselrichtern liegt der Eingangsspannungsbereich in der Regel zwischen 50V und 500V. Auch hier braucht es aus Temperaturgründen einen Sicherheitsabstand von den maximalen 500V. Bei diesen hohen Spannungen dürfte bereits klar sein, dass bei Stringwechselrichtern die Reihenschaltung von Modulen erforderlich ist. Wer mehr Leistung will, der schaltet weitere Module in Reihe. Eine Parallelschaltung von Modulen ist bei Stringwechselrichtern eher exotisch. Vorstellbar wäre es, um zwei Dachseiten abzudecken mit unterschiedlicher Bestrahlung. Wenn der Wechselrichter den dann erhöhten Strom schafft, könnten auch zwei gleich lange Teilstrings miteinander parallel geschaltet werden.

Anforderung 2: Der Wechselrichter soll die Leistung der Module optimal umsetzen können

Für Stringwechselrichter bedeutet das lediglich, dass die Module einer Reihenschaltung die gleiche Stromstärke haben müssen um Leistungseinbußen zu vermeiden. Das bedeutet in Konsequenz aber auch, dass alle Module gleich zur Sonne ausgerichtet sein sollten.

Bei Modulwechselrichtern wird es etwas komplexer, wenn wir Module parallel schalten um die Eingangsleistung zu erhöhen. Zuerst einmal sind zwei Angaben aus den Moduldatenblättern unschädlich, auch wenn wir disee Werte überschreiten. Das ist die empfohlene Modulleistung und die maximale Stromstärke Imp. Was die Modulleistung angeht, so wollen wir ja durch die Parallelschaltung gerade mehr Eingangsleistung erreichen um in Schwachlichtphasen mehr Ertrag zu bekommen. Und dass sich die Einzelströme der Module bei der Parallelschaltung von zwei Modulen nicht einfach verdoppeln, das haben wir oben gesehen. Trotzdem ist der Strom ein wichtiges Kriterium, allerdings nicht der Strom, der im Datenblatt steht, sondern der Strom, der wirklich fließt. Und der ist abhängig vom MPPT und seiner Programmierung und damit vom Hersteller des Wechselrichters.

Schauen wir uns beispielhaft eine etwas ungünstige Konstellation aus parallelen Modulen an, wie Wechselrichter damit umgehen und wie wir Probleme vermeiden können.

Nehmen wir dazu zwei fiktive 360Wp Solarpanel mit einer Betriebsspannung Ump von 30V und einem Betriebsstrom Imp von 12A an einem fiktiven 800W Wechselrichter mit zwei Eingängen. Der Wechselrichter ist ein typischer Modulwechselrichter mit 60V und einem maximalen Strom von 12,5A. Das wird gut funktionieren, aufgrund der recht schwachen Panele wird die Gesamtleistung auf der Wechselstromseite aber eher unter 700W liegen, so dass der Betreiber auf die Idee kommt, weitere zwei baugleiche Module jeweils parallel per Y-Kabel anzuschließen. Damit wären die jeweils zwei parallelen Module in der Lage theoretisch 24A bei 30V zu liefern. Nun kommt es auf den MPPT an, wie er damit umgeht:

  • Variante 1: Der Wechselrichter begrenzt strikt bei 12,5A. Damit kämen wir auf eine Eingangsleistung von 30V x 12,5A = 375W pro Eingang. Trotz modulseitig möglicher 720W kann der Wechselrichter so nicht mal seine typischen 400W pro Eingang abrufen.
  • Variante 2: Der Wechselrichter begrenzt erst bei seiner maximalen Eingangsleistung von 400W. Damit würde folgender Strom fließen: 400W / 30V = 13,33A. Zwar nicht die möglichen 24A, aber immerhin mehr als die maximalen 12,5A des Wechselrichters. Das bringt den Wechselrichter nicht zum Durchbrennen , er würde aber streng genommen außerhalb seiner Spezifikationen betrieben.

Wie genau sich ein Wechselrichter in solchen Fällen verhält, steht nicht im Datenblatt und kann wohl nur durch Beobachtung festgestellt werden. So handelt wohl ein Deye Wechselrichter nach Variante 1 und ein Hoymiles WR nach Variante 2, wobei die Begrenzung nicht bei 400W erfolgt, sondern erst bei 427W, da Hoymiles pro Eingang etwas mehr Leistung zulässt um die Wandlungsverluste zu kompensieren. Das wären dann schon 14,3A Stromfluss. Andere Wechselrichter haben wie der andere Strategien, sie sind manchmal noch toleranter und nehmen es mit der Nominalleistung am Ausgang nicht so genau, was wieder zu höheren Eingangsströmen führt (die diese Wechselrichter aber dann auch meistens abkönnen).

Die Ursache für diese Problematik dürfte klar sein, es ist die sehr niedrige Modulspannung dieses fiktiv angenommen Moduls von nur 30V. Und damit ist auch klar, wie dem zu begegnen ist: eine höhere Modulspannung führt zu geringerem Strom. Wer also irgendwann einmal beabsichtigt, seinem Wechselrichter an einem Eingang (oder an beiden) ein weiteres paralleles Modul zu gönnen, der sollte bereits beim Kauf auf nicht zu geringe Modulspannung achten. Lieber Module mit 40V oder 42V nehmen, als welche mit 30V oder noch weniger!

Zusammenfassung der Regeln für das Verschalten von Solarmodulen

  • Baugleiche Module können miteinander sowohl parallel als auch in Reihe geschaltet werden, wobei sich die Leistungen immer addieren. Die Empfehlung ist es, nur baugleiche Module miteinander zu verschalten.
  • Andernfalls müssen bei einer Reihenschaltung zumindest die Ströme aller Module gleich sein, sonst behindert das schwächste Modul den ganzen String. Die Spannungen dürfen auch unterschiedlich sein.
  • Andernfalls müssen bei einer Parallelschaltung alle Module zumindest die gleiche Spannung haben, sonst kann es zu Ausgleichsströmen kommen und es geht Leistung verloren. Die Ströme dürfen auch unterschiedlich sein.
  • Sperrdioden in Parallelschaltungen verhindern zwar den ungewollten Stromfluss durch das schwächere Modul, sie bringen aber nicht mehr Leistung, im Gegenteil, sie mindern die Leistung sogar etwas. Sperrdioden können bei Ladereglern sinnvoll sein, die bei vollen Akkus in den Leerlauf gehen.
  • Der Wechselrichtertyp bestimmt, ob an seinen Anschlüssen Reihen- oder Parallelschaltung möglich ist.
  • Bei einer Reihenschaltung addieren sich die Spannungen. Hier die maximale Eingangsspannung des Wechselrichters beachten!
  • Bei einer Parallelschaltung addiert sich das Vermögen der Module Strom zu liefern.
  • Wie viel Strom wirklich fließt, bestimmt der Wechselrichter. Es fließt nicht die Summe der Ströme laut Datenblatt.
  • Bei Parallelschaltung an Modulwechselrichtern besser keine Module mit zu geringer Spannung wählen (besser 40V als 30Vmpp)!

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4 Kommentare

  1. Erich

    Hallo Helmut,

    Danke für diese fantastisch übersichtliche Darstellung all der Szenarien – und deiner Experimente mit dem eigenen Versuchsaufbau!

    Genau diese Fragen sind bei mir aufgetaucht (weitere Module aufs Dach in den String, aber baugleiche nicht mehr lieferbar), overprovisioning an einem Mikro-WR… ich berate viel in der Nachbarschaft, jetzt bin ich schlauer.

    Als einfachste Lösung, wenn man neu kauft, ist meiner Meinung nach die Lösung mit 80öW String-WR und dazu 3-4 Module in Reihe, eben nicht die teuersten, sondern einfach gut&günstig. Gebrauchte würde ich nicht empfehlen, außer man hat genug Dach und eine wirklich günstige Einkaufsquelle, istnatürlich auch ökologischer, als neu zu kaufen. Ansonsten sind besser neue von der Leistung pro Fläche zu bevorzugen.

    Aber gerade bestehende Mikro-WR Anlagen selbst ausbauen mit weiteren Modulen halte ich auch echt für praktikabel – statt eine größere Anlage bauen und anmelden zu lassen.

    Ich hatte mal mit Excel und einer Leistungswertreihe von einem ganzen Jahr (2x400W an 800W WR) simuliert, wie sich ein weiteres Modul beim Cap von 800W trotzdem ausgewirkt hätte: Da nur in echten Spitzenzeiten die Kappung erfolgt, war die Jahresproduktion von ca 800 kWh auf fast 1100kWh gestiegen, also 3/4 der Mehrleistung kam an! Das Modul rentiert sich insgesamt, und gerade auch mit mehr Leistung der Gesamtsystems bei weniger praller Sonne.

    Danke für die Tipps zum richtigen Anschluss!

    Antworten
  2. Andreas

    Hallo Helmut,
    danke für deine tollen Ausführungen. Mich bewegt zur Parallelschaltung eine Frage:
    Wenn ich drei identische Module parallel an einen MPPT Wechselrichter anschließe und jedes eine andere Ausrichtung hat (Ost, Süd, West). Wird es dann auch zu einem negativen Stromfluss durch ein verschattetes Modul kommen?
    Gruß und Danke
    Andreas

    Antworten
    1. Helmut (Beitrag Autor)

      Hallo Andreas,
      unterschiedliche Ausrichtung ist noch keine Verschattung, auch ein nicht zur Sonne ausgerichtetes Modul erhält Diffusstrahlung und unterscheidet sich von der Modulspannung nur sehr wenig von einem baugleichen Modul, das direkt zur Sonne ausgerichtet ist. Ausgleichsströme könnte es also maximal dann geben, wenn keine Last anliegt, also bei einem Laderegler und voller Batterie zum Beispiel. Bei einem Balkonkraftwerk wirkt der Wechselrichter immer als Last auf die Module, zieht die Spannungen zusammen und leitet den Strom über den Wechselrichter. Hier wird es keinen nennenswerten Stromfluss durch das schwächere Modul geben.

      Antworten
      1. Andreas

        Danke, das habe ich verstanden :)
        Konkret handelt es sich um ein „Fensterkrafterk“ mit Modulen auf dem Fensterbrett und rechts und links in den Laibungen.

        Antworten

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