Balkonkraftwerk Teil 3: Planung eines eigenen BKWs

Balkonkraftwerk

In den ersten beiden Teilen dieser Artikelserie ging es um die administrativen Belange eines Balkonkraftwerks und um die technischen Komponenten. In diesem Teil geht es nun um die Planung eines eigenen BKWs. Wieviel Watt Wechselrichterleistung soll es werden und wie viele Module können in welchen Richtungen aufgestellt werden. Grundlage bietet die Ermittlung des ständigen Grundbedarfs des Haushalts und Hilfestellung bieten Tools im Internet, die Erträge und Amortisationszeiten prognostizieren.

Ich möchte wieder deutlich darauf hinweisen, dass Arbeiten am 230V-Stromnetz potentiell lebensgefährlich sind. Wer keine elektrotechnische Ausbildung hat, sollte solche Tätigkeiten dringend einem Elektriker überlassen.

Aufstellmöglichkeit und Grundbedarf

Am Beginn jeglicher Planung stehen zwei grundlegende Überlegungen:

  • Was sind meine Möglichkeiten bei der Aufstellung von Solarmodulen?
  • Wie viel Leistung möchte ich erzeugen?

Diesen beiden Punkten werden wir uns zuerst ausgiebig widmen.

Aufstellung der Solarmodule

Dass man sich die Aufstellung von Solarmodulen ggf. von seinem Vermieter oder der Eigentümergemeinschaft absegnen lassen sollte und dass Solarmodule sturmsicher befestigt werden müssen, das haben wir in den beiden vorangegangenen Artikeln bereits besprochen. Hier soll es nun um Sonneneinstrahlung und um Ertrag gehen.

Für ein klassisches Balkonkraftwerk verbaut man ein, zwei, drei oder maximal vier Solarpanels.

  • Ein Modul dann, wenn entweder der Bedarf gering ist, oder räumlich nicht mehr möglich ist.
  • Zwei Module sind der Klassiker für BKW mit 600W oder 800W.
  • Zu drei Modulen greift man, wenn man mehrere Himmelsrichtungen abdecken möchte, also zum Beispiel Ost-Süd-West.
  • Vier Module ermöglichen höheren Ertrag bei schlechten Lichtverhältnissen zum Beispiel im Winter und bei unterschiedlichen Ausrichtungen.

Bei Photovoltaikanlagen bevorzugt man im Allgemeinen eine strikte Südausrichtung und eine Modulaufständerung abhängig von der geografischen Breite. Das garantiert ohne Zweifel den höchsten Ertrag. Bei Balkonkraftwerken geht es allerdings nicht unbedingt um den maximalen Ertrag, denn es gibt ja keine Einspeisevergütung. Den größten Nutzen hat ein BKW, wenn die selbst erzeugte Leistung auch gleichzeitig selbst verbraucht wird. Das senkt die eigene Stromrechnung. Damit kommen auch Modelle ins Spiel, die von der optimalen Südausrichtung abweichen um die tägliche Zeitspanne der Stromerzeugung zu verlängern. Also beispielsweise eine Ost-West-Ausrichtung, bei der ein Modul die Vormittagssonne einfängt und eines die am Nachmittag. Unzweifelhaft hat man damit eine längere Stromausbeute als mit reiner Südausrichtung, allerdings mit etwas geringerer Leistung, weil nie die ganze Solarfläche gut zur Sonne ausgerichtet ist. Das lässt sich kompensieren, in dem man ein zusätzliches Südmodul hinzu fügt oder mit vier Modulen arbeitet, zwei nach Osten und zwei nach Westen. So etwas bezeichnet man als „solares Overpaneling“, denn nun hat man an einem Anschluss des Wechselrichters nominal mehr Solarleistung, als der überhaupt verarbeiten kann und kompensiert so die Minderleistung der Westmodule am Vormittag und der Ostmodule am Nachmittag. Ein weiterer Vorteil einer Ost-West-Ausrichtung liegt daran, dass bereits am Morgen und auch noch am Abend produziert wird, also zu Zeiten, in denen üblicherweise mehr Energiebedarf herrscht, als zur Mittagszeit, wenn die Menschen außer Haus sind.

Die Überlegung in der Planungsphase ist also, wie viele Module sich in welche Himmelsrichtung aufstellen lassen. Die größte Freiheit bietet natürlich ein unverschattetes Flachdach mit genügend Fläche. Wer auf das Balkongeländer angewiesen ist, dem ist damit die Richtung bereits vorgegeben, bei Schrägdächern ist das ähnlich. Wichtig bei der persönlichen Analyse der Aufstellmöglichkeiten ist es, nur unverschattete Flächen in Betracht zu ziehen. Denn Solarmodule, die im Tagesverlauf verschattet werden, brechen massiv in der Leistung ein. Verschattete oder teilverschattete Flächen sind für ein BKW nahezu unbrauchbar, ebenso wie eine Ausrichtung nach Norden.

Festlegung des eigenen Leistungsziels

Grundsätzlich gibt es zumindest zwei relevante Strategien, wenn es um die Leistung des eigenen BKWs geht:

  • der Maximalausbau oder
  • ein an der Wirtschaftlichkeit orientierter Ausbau.

Maximalausbau besagt: wenn 800W möglich sind, dann werden auch Komponenten für 800W verbaut, verschenkter Strom wird in Kauf genommen, auch er ist förderlich für die Energiewende.

Im zweiten Ansatz wird versucht, die eigene Solaranlage am eigenen Grundbedarf auszurichten. Bei geringer Grundlast könnte man so zum Beispiel nur einen 300W oder 400W Wechselrichter mit einem Solarmodul betreiben, anstatt 800W mit zwei oder noch mehr Modulen. Das senkt den Kaufpreis für das BKW und verkürzt somit die Amortisationszeit.

Egal, welchen Ansatz man für sich selbst als den richtigen wählt, so schadet es nie, sich über den eigenen Grundbedarf zumindest Gedanken zu machen.

Nur der Vollständigkeit halber, es gibt auch noch eine dritte Strategie, die von einigen Zeitgenossen sehr sportlich verfolgt wird, der Ansatz der „Nulleinspeisung“. Hier wird mit technischen Aufwand (Messung des aktuellen Wohnungsverbrauchs am Zähler) versucht, die Wechselrichterleistung so zu drosseln, dass nichts ins öffentliche Netz eingespeist wird. Überschüssige Solarleistung wird so nicht dem Netzbereiber geschenkt, sondern bereits im BKW vernichtet. Über die (gesamtgesellschaftliche) Sinnhaftigkeit mag jeder selbst urteilen.

Ermittlung des ständigen Grundbedarfs

Nur, um es auch vor dem geistigen Auge zu behalten: Nur der selbst erzeugte Strom, der zeitgleich auch verbraucht werden kann, senkt die eigenen Stromkosten. Natürlich kann man versuchen, von Hand Verbrauch in die Zeit der Solarstromerzeugung zu legen, teilweise geht das auch automatisiert. Aber Wasch- oder Bügelbedarf hat man wohl nicht an jedem Tag und das Smartphone kann man nur laden, wenn man auch daheim ist. Deshalb ist der Maßstab für ein Balkonkraftwerk nicht der Tagesenergieverbrauch (Jahresenergie laut Stromrechnung geteilt durch 365 Tage) sondern eher der ständige Grundbedarf. Das ist die Summe der Leistungswerte aller Geräte, die ständig in Betrieb sind (wobei „ständig“ hier genau genommen nur die tägliche Zeit der Solarenergieproduktion meint). Das sind beispielhaft:

  • alle Geräte, die im Standby laufen (Fernseher z.B.) mit ihrer Standby-Leistung
  • der Internetrouter (Fritzbox um die 10W)
  • netzbetriebene Uhren und Wecker
  • eingeschaltete PCs / Server (30 – 80W)
  • Aquariumsheizungen
  • Kühl- und Gefrierschränke, wobei die nicht dauerhaft Leistung beziehen, bzw. diese zurückregeln

Ermitteln kann man den Verbrauch dieser Geräte mit Leistungsmessern in Form von Zwischensteckern, entweder mit direkter LCD-Anzeige oder mit WLAN-Anbindung und App, wie beim Shelly Plug S.

Die Summe der so gemessenen (oder zur Not am Typenschild abgelesenen) Leistungswerte bildet den ständigen Grundleistungsbedarf einer Wohnung. Das verbraucht die Wohnung ständig an Leistung, wenn niemand daheim ist, der zusätzliche Verbraucher einschaltet. Diesen Wert kann man sich zum Maßstab nehmen für die Dimensionierung eines Balkonkraftwerks oder man führt sich lediglich vor Augen, dass die Differenz zwischen der erzeugten Leistung und des ständigen Grundverbrauchs dann verschenkt ist, wenn man nicht noch weitere Verbraucher zu Sonnenscheinzeiten zuschalten kann.

Solares Overpaneling

Als Overpaneling bezeichnet man es, wenn die Solarmodule nominal eine höhere Leistung bringen, als der Wechselrichter. Zulässig ist das, denn der Wechselrichter ist vom Gesetzgeber in Deutschland auf 800W begrenzt, die Module in Summe auf 2000Wp, damit ein Balkonkraftwerk noch vereinfacht angemeldet werden kann.

Weiter oben haben wir bereits ein Beispiel gesehen, wo solares Overpaneling sinnvoll angewendet werden kann. Nämlich dann, wenn Module in unterschiedlichen Richtungen aufgestellt sind, Ost-West zum Beispiel. In so einer Konstellation bringen nie beide Module gleichzeitig die volle Leistung, so dass sie durchaus größer dimensioniert werden können, ohne Leistung zu verschenken, weil sie der Wechselrichter nicht abnehmen kann.

Ein zweiter Aspekt, bei dem solares Overpaneling ins Spiel kommt, ist die Kompensation der winterlichen Minderleistung. In unseren Breiten darf man durchaus davon ausgehen, dass die Leistung, die ein Solarmodul an einem trüben Wintertag erbringt, vielleicht nur bei 5-10% seiner Nominalleistung liegt. Das ist also wesentlich weniger als im Sommer und so kann man sagen, dass ein BKW im Winter nur sehr wenig zur Senkung der Energiekosten beiträgt. Etwas kompensieren kann man das durch eine steilere Aufständerung der Module, wo so eine Änderung möglich ist. Und man kann es natürlich teilweise kompensieren in dem man mehr Solarmodulleistung verbaut, durch mehr oder größere Module. So ist es (Mitte 2024) durchaus üblich, dass ein 800W Wechselrichter mit 2x 440Wp Solarmodulen belegt wird. Und selbst 4x 400Wp oder das Maximum von 4x 500Wp sind kein Problem, wenn die elektrischen Daten stimmen, wie wir in Teil 4 dieser Artikelserie sehen werden.

Als weiteren Punkt für die Planung des eigenen Balkonkraftwerks merken wir uns also die Dimensionierung der Solarmodule in Abhängigkeit vom gewünschten Solarertrag im Winter vor.

Tools zur Balkonkraftwerksplanung

Nachfolgend möchte ich zwei Webtools vorstellen, die bei der Planung eines Balkonkraftwerks gute Dienste leisten und vor allem auch Voraussagen über einen zu erwartenden Ertrag machen.

Stecker Solar Simulator der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin

Aufruf: https://solar.htw-berlin.de/rechner/stecker-solar-simulator/

Das Tool erwartet einige Eingaben über den Jahresverbrauch und die Leistung und Ausrichtung der Solarmodule und liefert dann eine Auswertung wie im Bild oben. Durch Ändern der Eingangsparameter kann man leicht ein Gefühl dafür bekommen, was das für den eigenen Solarertrag bedeutet.

PVGIS der Europäischen Kommission

Aufruf: https://re.jrc.ec.europa.eu/pvg_tools/en/

Tiefer ins Detail geht PVGIS der Europäischen Kommission. In diesem Tool kann man nicht nur den eigenen Standort sehr exakt eingeben, sondern sogar eine selbst erstellte Verschattungsdatei (horizon file) hochladen. Das gibt recht exakte Ertragswerte für alle Monate. Per Optimize slope kann das Programm auch den optimalen Aufständerungswinkel ausgeben – ein wichtiger Punkt bei der Modulaufstellung. Das ist aber noch nicht alles, PVGIS erlaubt die Simulation einer Plan-Solaranlage anhand historischer Solardaten. So lassen sich über viele vergangene Jahre Solarstrahlung, Leistungsdaten des BKW und mehr auf Stundenbasis herunterladen. Ich kann also beispielsweise sehen, wie viel Watt meine Anlage vor 5 Jahren am 1. August um 14:00 Uhr erbracht hätte. Die Datei lässt sich dann in der eigenen Tabellenkalkulation weiterverarbeiten. So kann man beispielsweise Modulleistungen, die höher als die Leistung des Wechselrichters sind (solares Overpaneling) auf die WR-Leistung begrenzen und kommt so noch näher an die Realität heran.


Damit haben wir die Planungsphase abgeschlossen. An dieser Stelle sollten wir wissen, welche Leistung wir uns für unser Balkonkraftwerk vorstellen, wie viele Solarmodule wir aufstellen können und in welche Richtungen wir sie am besten ausrichten und aufständern. Wir haben auch eine Vorstellung über den zu erwartenden Ertrag und wie schnell sich unsere Anlage amortisiert. Im nächsten Artikel geht es nun darum, dafür die passenden Module und den passenden Wechselrichter zu finden.

Weitere Artikel in dieser Kategorie:

4 Kommentare

  1. Kevin

    Hallo, mega spannend. Ist für den Einsteiger dann doch schnell nicht mehr Plug and Play. Es gibt ja mittlerweile häufiger Sets aus mehreren kleineren Modulen zu kaufen. Macht ja bei unterschiedlichen Balkongrößen auch mehr Sinn um die Flexibilität zu gewährleisten. Ich habe mir das für mich auch schon mal angeschaut. Nur wäre das so, dass ich drei Module an die Balkonfront und das vierte an die Seite bekomme. Bei einem WR mit zwei Eingängen muss ich ja dann zwei Module miteinander in Reihe schalten, die eine unterschiedliche Ausrichtung haben also teilweise ja verschattet sind wenn das andere Modul eigentlich normal liefern könnte. Wie geht man damit um? Ich habe in den Kapiteln zur Verschattung darauf jetzt auch nicht direkt die Lösung gefunden und ich gebe zu bei der Herleitung zu den Schaltungsvarianten bin ich irgendwann ausgestiegen xD

    Antworten
    1. Helmut (Beitrag Autor)

      Unterschiedliche Ausrichtung ist auch nicht gleich Verschattung. Wenn Du Module in Reihe schalten willst, oder musst, dann musst Du die gleich ausrichten. Das ist bei Modulen mit geringer Spannung leider oft ein Problem. Denkbar wäre, dass Du Dir einen HM-300 oder HM-400 nimmst und nur zwei gleich ausgerichtete Module in Reihe dort anschließt. 3 Module geht nicht.

      Antworten
    2. Jürgen

      Hallo,

      ich würde gerne ein BKW installieren. Auf das Geländer meiner Dachterrasse passen 3 Module:
      Ein Modul Süden
      Zwei Module Westen

      Ich werde die 3 Module mit 26 Grad Neigung am Balkongeländer montieren.

      Ein viertes Modul könnte ich zusätzlich auf dem Dach montieren, direkt an der Dachterrasse, wäre also nicht weit weg von den anderen 3 Modulen. Das Dach hat eine 28 Grad Neigung.

      Allerdings frage ich mich, ob diese Konstellation sinn macht:
      1 Modul Süden Balkongeländer, ca. 26 Grad
      2 Module Westen Balkongeländer, ca. 26 Grad
      1 Modul Westen auf Dach

      Keine Verschattung.

      Wenn das durchaus Sinn macht, frag ich mich, welcher Wechselrichter dafür geeignet wäre und wie die Verschaltung durchgeführt werden sollte.

      Vielen Dank schon einmal!

      Antworten
      1. Helmut (Beitrag Autor)

        Warum nicht? Vier gleiche Module, je zwei unterschiedlich ausgerichtete parallel an jeden Eingang eines 800W Modulwechselrichters. Ich würde einen APsystems EZ1 bevorzugen.

        Antworten

Schreiben Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert