Wenn ein vorhandenes Projekt mit neuen Mitteln neu aufgesetzt wird, dann ist man vor Überraschungen nicht sicher. Ist das Neue wirklich besser als das Alte? Oder werden Dinge schmerzlich vermisst, an die man in der alten Umgebung bereits lieb gewonnen hatte? So geht es mir auch in diesem Media Center Projekt, dem eine lange Zeit mit meinem Vorläufer Media Center mit Namen Media Portal voraus gegangen war. In diesem Artikel schreibe ich über meine ersten Erfahrungen bei der Begegnung mit dem Raspberry Pi und Kodi als Media Center Software.
Wir schreiben Februar 2015, als der neue Raspberry Pi 2 geliefert wird und ich meine ersten Schritte mit Kodi, in diesem Fall auf Basis von OpenELEC, mache. Die Software herunterzuladen und auf die Micro SD-Karte zu übertragen ist einfach (darauf gehe ich in weiteren Artikeln genauer ein). Dann kommt die Micro SD in den entsprechenden Slot des Raspberry Pi und ich stecke für einen ersten Test folgende Peripherie an: Natürlich den Fernseher per HDMI, meinen WLAN-Stick und die Funktastatur vom alten Media Portal und dann kommt Strom auf den Raspberry.
Es funktioniert auf Anhieb
Kaum zu fassen, wenige Sekunden später meldet sich Kodi am Fernseher und sogar die alte Funktastatur funktioniert, ohne dass ich irgendwas konfigurieren brauche. Und nach Eingabe der WLAN-Parameter läuft auch das Netz und Kodi zieht sich gleich den ersten Update runter. Ich bin sehr erfreut.
Fernbedienung per CEC
Ganz zufällig drücke ich mal auf die Fernbedienung und – kaum zu glauben – ich kann damit nicht nur den Fernseher steuern, sondern auch Kodi. Und das ohne Infrarotempfänger am Raspberry oder irgendeiner Konfiguration – schlicht out-of-the-box. Ich bin erstaunt und angenehm überrascht, damit hätte ich nicht gerechnet. Die Funktion heißt CEC (Consumer Electronics Control) und bei meinem Samsung Fernseher Anynet+ und sie bewirkt, dass die Signale der Fernbedienung über das HDMI-Kabel an den Raspberry Pi weitergeleitet werden. Im Betrieb kann die Funktastatur also ersatzlos entfallen, Kodi lässt sich vollkommen über die Fernbedienung steuern. Zum Konfigurieren ist eine richtige Tastatur aber trotzdem recht praktisch.
Ohne aktivem USB-Hub geht es nicht
Tastatur und WLAN-Stick zieht der Raspberry noch, aber spätestens wenn dann noch eine externe Festplatte und ein DVB-T-Stick dazu kommen, dann ist der Raspberry Pi als Stromversorger überfordert. Das ist im Internet auch deutlich beschrieben, wer etwas mehr Peripherie am Raspberry betreiben will, der kommt um einen aktiven USB-Hub nicht herum. Als kleines Zuckerl lässt sich aber dann mit einem geeigneten USB-Hub auch gleich der Raspberry Pi daraus mit Strom versorgen, so dass nicht zwei Netzteile benötigt werden.
Nicht jede Hardware läuft
Das wäre natürlich der Traum, einfach die gesamte Peripherie vom alten Media Portal Rechner auf den Raspberry Pi umstecken und fertig. Aber leider funktioniert nicht alles, was unter Windows läuft, auch unter Linux.
WLAN-Stick
Mein schöner TP-Link WLAN Adapter TL-WN821N tut es leider nicht am Raspberry Pi, zumindest nicht stabil. Daten übertragen lassen sich in gewissen Grenzen schon, aber es kommt regelmäßig zu Aussetzern und dazu, dass das Netzwerk nicht mehr verfügbar ist und der Raspberry Pi einen Reboot braucht. Das macht nicht wirklich glücklich, so dass ich mich entscheide, einen WLAN-Stick zu verwenden, von dem bekannt ist, dass er definitiv mit dem Raspberry Pi und OpenELEC zusammenarbeitet. Ich nehme einen N150 mini von Conrad, aber ebenso gut soll der Edimax EW-7811UN laufen, der oft in Starterkits zusammen mit Raspberry Platinen angeboten wird. Also nichts gegen TP-Link oder den TL-WN821N, ich enthalte mich lediglich aus Faulheit der weiteren Ursachenforschung, vielleicht gibt es ja geeignete Treiber, die das Teil zum Laufen bringen.
DVB-T Empfänger
Ein ähnliches Fiasko auch mit meinem alten DVB-T-Stick. Das ist ein Terratec Cinergy XS, also ein richtig altes Teil. Speziell für diesen Typen gibt es wohl keinen geeigneten Linuxtreiber – so zumindest das Ergebnis meiner Recherchen. Also ab zu Ebay und ich hole mir für wenige Euro einen gebrauchten AVerMedia Volar Black HD. Am Raspberry soll auch der Technaxx S4 DVB-T-Stick gut funktionieren.
Timeshift (zeitversetztes Fernsehen)
In Media Portal ließ sich sehr schön verzögert fernsehen, das ausgewählte Programm wurde automatisch mitgespeichert und ich konnte bequem vor- und zurückblättern. Mit Tvheadend – der ersten Software, mit der ich Live-TV probiere – werde ich leider nicht glücklich, was Timeshift angeht und auch das Vor- und Zurückspulen eines Videos in Kodi bleibt in meinen Augen hinter Media Portal zurück.
Fazit nach den ersten Versuchen
Dies soll jetzt kein abschließendes Urteil sein, dafür ist es noch viel zu früh. Ich will lediglich kurz die ersten Eindrücke und Erkenntnisse zusammenfassen, wie sich sich mir nach meinen ersten Tests darstellen:
- Kodi kann viel – sehr viel sogar (siehe CEC) und was es nicht kann, lässt sich vielleicht per Add-on nachinstallieren. Aber auch Kodi ist in fortlaufender Entwicklung und die Hoffnung damit berechtigt, dass Dinge wie Timeshift, die heute noch nicht so rund laufen, in Zukunft verbessert werden.
- Ein Raspberry Pi braucht immer, wenn mehr als eine Tastatur (und vielleicht noch ein sparsamer WLAN-Adapter) angesteckt werden soll, einen aktiven USB-Hub zur Stromversorgung für die Peripherie (und den Pi selbst). Dabei darauf achten, ein Raspberry-verträgliches Gerät zu wählen!
- Linux ist nicht Windows und ein Raspberry Pi ist keine PC-Hardware auf üblicher Intel-Basis. Vor dem Kauf jeder Hardware für den Raspberry empfiehlt es sich um Fehlkäufe zu vermeiden, genau zu prüfen, ob das Gerät zum Raspberry passt und für das entsprechende Betriebssystem Treiber verfügbar sind. In meinem Artikel über das Zubehör für den Raspberry Pi habe ich Links zu Verträglichkeitslisten aufgeführt.
Weitere Artikel in dieser Kategorie:
- Raspberry Media Center – Teil 1: Vorgeschichte, Idee und Anforderungen
- Raspberry Media Center – Teil 2: Hardware Raspberry Pi 2
- Raspberry Media Center – Teil 3: Hardware Zubehör
- Raspberry Media Center – Teil 4: Softwareübersicht
- Raspberry Media Center – Teil 6: OpenELEC
- Raspberry Media Center – Teil 7: XBian
- Raspberry Media Center – Teil 8: OSMC
- Raspberry Media Center – Teil 9: Tvheadend
- Raspberry Media Center – Teil 10: Tvheadend – Alternative Installation
- Raspberry Media Center – Teil 11: VDR
- Raspberry Media Center – Teil 12: Software Vergleich
- Raspberry Media Center – Teil 13: FTP Server
- Raspberry Media Center – Teil 14: Datenübertragung
- Raspberry Media Center – Teil 15: MPEG-2 Lizenz Schlüssel
- Raspberry Media Center – Teil 16: Stromversorgung
- Raspberry Media Center – Teil 17: Übertakten
- Raspberry Media Center – Teil 18: CPU-Kühlung
- Raspberry Media Center – Teil 19: Datensicherung
- Raspberry Media Center – Teil 20: Kodi Weboberfläche
- Raspberry Media Center – Teil 21: Kodi Android Apps
- Raspberry Media Center – Teil 22: Raspberry und Kodi Mythen
- Raspberry Media Center – Teil 23: SSH und einige nützliche Linux Befehle
- Raspberry Media Center – Teil 24: Was kostet der Spaß?
- Raspberry Media Center – Teil 25: Kodi 15 Isengard
- Raspberry Media Center – Teil 26: Update OSMC mit Kodi 16
- Raspberry Media Center – Teil 27: LibreELEC 8 mit Kodi 17 Krypton
- Raspberry Media Center – Teil 28: SSH-Zugang absichern
- Raspberry Media Center – Teil 29: Zattoo und weitere DVB-T Alternativen
Hallo, eine Super Artikelserie. Habe letzte Woche mir einen RP2 gegönnt und vieles schon selbst herausgefunden aber hier gibts noch einige sehr gute Tipps. CEC kannte ich noch nicht und kann es kaum erwarten heute abend auszuprobieren ob das bei mir auch klappt :D