DVB-T2? Vielleicht – aber nicht zwangsläufig, denn zu DVB-T2 gibt es durchaus Alternativen. Eines ist aber klar, unsere alten DVB-T-Sticks können wir alle ab dem 29. März 2017 in die Tonne treten. Die Zeit drängt also, sich nach einer Nachfolgetechnologie umzusehen. Die muss nicht unbedingt DVB-T2 heißen. DVB-T2 verspricht zwar HD-Qualität, aber umfassend glücklich macht das Angebot nicht wirklich. Ich vergleiche in diesem Artikel kurz die Handlungsalternativen und stelle meine persönliche Lösung vor.
Mögliche Nachfolgetechnologien für das alte DVB-T
Wenn das gute (na ja) alte DVB-T am 29.03.2017 endgültig abgeschaltet wird, dann muss man sich nach was anderem umsehen. Betroffen sind nicht nur wir Raspberry Pi Anwender mit DVB-T-Stick, sondern jeder klassische Fernsehapparat, der noch DVB-T nutzt. Was sind die Alternativen?
DVB-T2 HD
DVB-T2 verspricht terrestrischen Empfang von bis zu 40 öffentlich-rechtlichen und privaten Programmen, überwiegend in HD und zwar als hochklassiges 1080p50 Full HD. Das klingt natürlich sehr gut, wenn man bisher nur bescheidenes DVB-T hatte. Nutzer von Sat-TV werde aber nur milde lächeln. Kostenlos empfangbar sind allerdings nur die Programme der öffentlich-rechtlichen Sender, also ca. 20 Stück. Für die Privaten wird eine Jahresgebühr von 69 EUR fällig und es wird eine Settop-Box mit CI+ Modul benötigt – pro Fernseher versteht sich. USB-Sticks zum Empfang von DVB-T2 am Raspberry Pi gibt es seit längerem, allerdings nur ohne CI+ Modul, also nur zum Empfang der kostenlosen öffentlich-rechtlichen Sender. Settop-Boxen um einen Fernseher DVB-T2 tauglich zu machen, kosten ca. 40 EUR ohne CI+ Modul und 80 EUR aufwärts mit Verschlüsselungsmodul für alle Sender. DVB-T2 ist in den Ballungsräumen per Zimmerantenne empfangbar in entlegenen ländlichen Gegenden oft überhaupt nicht. Es kann also nicht jeder von dieser Technologie profitieren.
Satellitenfernsehen
Die technisch aufwendigste TV-Variante bietet eine große Senderauswahl in HD, teilweise bereits in 4k UHD. Kostenlos sind die Privaten aber auch hier nicht. HD+ heißt das Zauberwort und das kostet 7,50 EUR im Monat, also 90 EUR im Jahr pro Receiver. Dazu kommen die einmaligen Investitionen in die Satelliten-Empfangsanlage, die erheblich sein können. Für denjenigen, der eine Satellitenschüssel aufstellen kann und will, ist Sat-Empfang überall möglich.
Kabel-TV
Auch Kabelfernsehen ist inzwischen weit verbreitet und bringt ein sehr großes Angebot an HD-Programmen. Wer Kabel bereits im Haus hat, für den ist der Aufwand gering. Alle halbwegs modernen Fernsehgeräte haben einen Kabeltuner an Bord und auch die Möglichkeit ein CI+ Modul einzustecken. Zusätzliche Geräte und Fernbedienungen sind dann nicht erforderlich. Das CI+ Modul ist auch hier für den Empfang der Privatsender erforderlich. Allerdings ist Kabel nicht ganz billig. 18,99 EUR pro Monat kostet der einfachste Tarif mit dem Kabelanschluss an sich und einem CI+ Modul, also runde 228 EUR im Jahr, dazu eine einmalige Bereitstellungsgebühr von 24,99 EUR (bei Vodafone im Februar 2017).
IPTV
Die Telekom hat es vorgemacht mit Entertain und viele andere Internetprovider haben mit eigenen Angeboten nachgezogen. Fernsehen über den eigenen DSL-Provider spart den Kabelanschluss bzw. die Satellitenschüssel. 100 Sender, davon 20 in HD gibt es bei der Telekom im günstigsten Tarif für 9,95 EUR im Monat. Dazu kommt natürlich der Telekom DSL-Anschluss an sich, ohne den geht es nicht. In Jahr sind das also runde 120 EUR dafür gibts aber auch zusätzlich 35.000 Inhalte auf Abruf. Entertain kann mit einem Plugin auch am PC im Browser geschaut werden und für Kodi-Nutzer soll eine Integration über das IPTV Simple Client AddOn möglich sein (nicht getestet). Für Telekom DSL-Kunden könnte Entertain eine durchaus bedenkenswerte Variante sein.
Streaming mit Zattoo
Zattoo ist nicht der einzige TV-Streaming-Anbieter, aber im Moment wohl der bekannteste. Streaming funktioniert ähnlich wie IPTV über das Internet, aber unabhängig vom eigenen Internet-Provider. Als benötigte Übertragungsbandbreite gibt Zattoo 7000 kbit/s an, die Filme werden mit bis zu 5000 kbit/s gestreamt. Ein DSL-Anschluss mit 16 MBit/s reicht also bequem aus. Das Zattoo-Premium-Angebot HiQ für 9,99 EUR im Monat bzw. 99,99 EUR im Jahr bietet 90 Sender, davon ca. 30 in HD. Die Privaten, also RTL Gruppe und ProSiebenSat.1 Media, sind auch mit dabei, allerdings nicht in HD.
Geschaut werden kann am PC im Browser, per App am Smartphone oder Tablet und über verschiedene Streaming-Boxen, wie Chromecast, Amazon Fire-TV, Nvidia Shield, oder XBox One. Der Raspberry Pi gehört offiziell nicht dazu, aber auch dafür gibt es Lösungen – siehe weiter unten. HD Programme werden bei Zattoo alle im Standard 720p50 übertragen, das aber in guter Qualität, wobei auch der Anschluss des Endgeräts per WLAN kein Problem darstellt. Bei einem DSL-Anschluss von 16 MBit/s können durchaus zwei oder drei Programme gleichzeitig gestreamt werden, das gibt die Leitung her. Und das Gute daran ist, dass es auch möglich ist, mehrere Fernseher oder PC und Smartphone gleichzeitig zu betreiben. Es muss nicht wie bei DVB-T2 für jedes Gerät ein CI+ Modul für 69 EUR im Jahr geordert werden um Privatfernsehen zu schauen. Einfach Username und Passwort eintragen – und fernsehen.
Bei Zattoo gibt es einen kostenlosen Testmonat. Dazu muss man sich mit E-Mail-Adresse und Kreditkartennummer (oder Paypal) registrieren und kann das Premiumpaket Zattoo HIQ dann einen Monat lang uneingeschränkt und ohne Werbung testen. Man sollte nur das Kündigen nicht vergessen, oder die Order des günstigeren Jahres-Abos, denn sonst wird automatisch ein Monats-Abo draus.
Fazit
Es gibt nicht die eine Lösung, die für alle passt. Es kommt auf die individuellen Gegebenheiten an. Wer mit den öffentlich-rechtlichen Sendern allein leben kann, für den ist DVB-T2 genial, denn es ist kostenlos. Telekom Kunden sollten sich Entertain durchaus näher ansehen, denn der Preis ist vertretbar. Das gilt natürlich auch für TV-Angebote anderer Internet-Provider.
Öffentlich-rechtliche Sender in HD und private in SD, das alles auf mehreren Geräten gleichzeitig und auch unterwegs am Smartphone, das bieten Streaminganbieter wie Zattoo zu einem vertretbaren Preis.
Und dann gibt es natürlich Kabel und Sat-TV mit einem umfangreichen Programm in bester Qualität, aber zu einem entsprechenden Preis.
Für mich ist Zattoo die Lösung, mit der ich das alte DVB-T ablösen werde. Denn ich habe zwei Fernseher und wenn ich die Privaten haben möchte, dann ist DVB-T2 bereits teurer als Zattoo. Darüber hinaus gibt es Stand Februar 2017 immer noch keine Lösung, die DVB-T2 mit den Privaten auf Kodi und den Raspberry Pi bringen würde. Ich müsste also für DVB-T2 in zwei Settop-Boxen mit CI+ Modul investieren. Für Zattoo brauche ich natürlich auch für jeden Fernseher eine Anschluss-Box, aber das kann ein vorhandener Raspberry Pi übernehmen, oder ein Amazon Fire Stick in der 40 EUR Klasse.
Wenn in Zukunft die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten einmal in 1080p50 Full-HD austrahlen werden, dann werde ich mir sicher DVB-T2 noch einmal näher ansehen. Aber da das heute eh nur 720p50 sind, hat DVB-T2 für mich gegenüber Zattoo kaum Vorteile.
Zattoo am Raspberry Pi
Vier Kodi-AddOns habe ich gefunden, die Zattoo Streams auf den Raspberry Pi bringen. Die stelle ich hier kurz vor – aber nicht alle machen wirklich glücklich. Sämtlichen Zattoo AddOns ist gemeinsam, dass nach der Installation die Einstellungen des AddOns aufgerufen werden müssen um dort den Zattoo Benutzernamen und das Passwort einzutragen.
1. Zattoo Box
Das ist der Klassiker der Zattoo AddOns und als einziges der vier im Standard-LibreELEC-Repository vorhanden. Die Entwicklung des AddOns ist aber leider bei Version 1.0.0 stehen geblieben und so gibt es zwar eine Kanalliste, aus der heraus Programme angeschaut werden können, aber keine Programminformationen, geschweige denn ein EPG.
Urteil: Das kann man mal testen, für einen vernünftigen Gebrauch bietet das AddOn eindeutig zu wenig und daran scheint sich auch nichts mehr zu ändern.
2. Zattoo Box Extended Beta
Wie es der Name bereits nahelegt, ist Zattoo Box Extended eine Weiterentwicklung (ein Fork) der alten Zattoo Box. Die muss allerdings aus dem Kodinerds Repository installiert werden. Um dieses Repo einzubinden, lädt man sich zuerst diese Zip-Datei herunter und platziert sie auf dem Raspberry Pi. Dann wählt man in Kodi unter AddOns die Option Aus ZIP-Datei installieren, navigiert zur vorher abgelegten Zip-Datei und wählt diese aus. Danach erscheint das Kodinerds AddOns Repository unter Aus Repository installieren und Zattoo Box Extended Beta kann aus dem Unterverzeichnis Video-AddOns installiert werden.
Die Extended Beta bringt neben der Kanalliste auch ein vollwertiges EPG mit und Programminformationen zu jeder Sendung, wenn man sich im EPG bewegt. Die Informationen können bei laufender Sendung auch jederzeit mit der OK-Taste der Fernbedienung aufgerufen werden. In Ansätzen habe ich auch bereits Videotext laufen sehen und die Möglichkeit, eine Sendung verspätet von Anfang an anzusehen. Aber das AddOn ist nach wie vor eine Betaversion, da hakt schon mal das eine oder andere und alle paar Tage gibt es ein neues Update, das möglicherweise ein Rücksetzen der AddOn-eigenen Datenbank erfordert. Die Entwicklung ist aber ambitioniert, es tut sich was und es ist zu erwarten, dass dieses AddOn der neue Standard für Zattoo unter Kodi werden wird – das Potential dafür ist da.
Urteil: Auf jeden Fall verfolgen!
3. Zattoo Live TV
Das ist ebenfalls ein AddOn aus dem Kodinerds Repository und wird genauso installiert wie Zattoo Box Extended. Die Funktionalität bleibt aber dahinter zurück. Ein richtiges EPG gibt es nicht, aber in der Kanalliste wird zumindest der Titel und ein Vorschaubild der Sendung angezeigt. Über das Kontextmenü kann auch die Programminformation zu einer Sendung angezeigt werden, was eher umständlich ist. Sonst gleicht Zattoo Live TV eher der alten Zattoo Box. Seltsamerweise ist die maximal einstellbare Übertragungsrate 3 Mbit/s, obwohl Zattoo bis zu 5 Mbit/s liefern kann. Ob sich das in der Bildqualität niederschlägt, kann ich aber nur schwer beurteilen.
Urteil: In der Funktionalität besser als Zattoo Box, reicht an Zattoo Box Extended aber bei weitem nicht heran.
4. Zattoo PVR Client
Die drei oben angesprochenen AddOns sind klassische Kodi AddOns, das heißt, zum Fernsehen wird das AddOn aufgerufen und darin spielt sich auch alles (EPG) ab. Zattoo PVR Client geht einen anderen Weg, er integriert sich als PVR (private video recorder) in den TV-Menüpunkt von Kodi. Ein prima Ansatz finde ich, denn es muss nicht ständig das AddOn aufgerufen werden. Allerdings kann das auch ein wenig verwirrend sein, wenn bereits ein anderer PVR Client (Tvheadend oder IPTV Simple Client) installiert ist.
Der Zattoo PVR Client muss ebenfalls aus einem externen Repository installiert werden. Das unterscheidet sich allerdings je nach Kodi-Version, so dass ich hier nur auf diesen Forumseintrag bei Kodinerds.net verlinke, der alle Informationen enthält. Für Kodi 16 gibt es leider nur eine alte 0.0.3 Version und nur für Kodi 17 wird aktuell weiterentwickelt.
Kanalliste und EPG sind beim Zattoo PVR Client selbstverständlich vorhanden, Programminformationen kommen aber nur als Einzeiler. Und aufnehmen kann man Sendungen – ebenso wie bei den anderen AddOns – auch nicht.
Urteil: Nur für Kodi 17 interessant, dort aber ein guter Ansatz.
Aktuelles Problem mit Kodi 17
Alle vier AddOns leiden dummerweise an einem Problem im aktuellen Kodi 17. Kodi 17 setzt im Vergleich zu Kodi 16 einen anderen Videoplayer ein und der hat eine unangenehme Eigenschaft. Der Start eines Streams bzw das Umschalten auf ein anderes Programm dauert um die 10 Sekunden, was natürlich absolut unerträglich ist. Zuerst wird ca. 6 Sekunden lang geladen und man bekommt das Beschäftigt-Symbol angezeigt. Dann kommt für weitere 4 Sekunden der Ton in Kombination mit einem Standbild, bis dann das Bild endlich mit dem Ton mitläuft. Die Programmierer der AddOns können da nichts dafür, es liegt an Kodi. Bei Kodi 16 dauert die Umschaltzeit bei den gleichen AddOns nur 3 Sekunden, was ja akzeptabel ist.
Fazit
Das Kodi 17 Problem macht es einem derzeit schwer, Zattoo auf einem Raspberry Pi einsetzen zu wollen. Ein temporärer Rückschritt zu Kodi 16 wäre eine Option. Aber es ist auch nicht Jedermanns Sache, sich selbst so ein System zusammen zu stellen und sich mit veralteten oder in Entwicklung befindlichen AddOns herumzuschlagen. Bastlern und Computernerds macht das nichts aus, aber meine Frau hat schon ihre liebe Not damit, wenn sich ständig die Bedienung des AddOns ändert oder der Raspberry Pi sich aufhängt.
Wer Zattoo will, der muss es auch nicht zwangsweise mit einem Raspberry Pi und Kodi machen. Eine Alternative für alle, die nicht selber Software installieren wollen, wäre Zattoo auf einem Amazon Fire TV Stick. Damit geht es recht einfach: Einstecken, WLAN Zugangsdaten eingeben, Zattoo App installieren, Zattoo Zugangsdaten eingeben und fernsehen. Das alles sehr stabil und mit Umschaltzeiten im 3 Sekundenbereich.
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