Das gute alte DVB-T wird am 29. März 2017 für immer abgeschaltet und durch DVB-T2 ersetzt. Im Rahmen meiner Raspberry Media Center Serie hatte ich einen Nachfolger für DVB-T gesucht. Und für mich ist das nicht DVB-T2 geworden, sondern TV-Streaming mit dem Anbieter Zattoo. Für Zattoo gibt es auch einige Kodi AddOns für den Raspberry Pi, die ich in dem selben Artikel getestet hatte. Aber es muss nicht immer Selbstbau sein – mit dem Amazon Fire TV Stick gibt es ein fertiges Produkt zu kaufen, mit dem man Zattoo auf den eigenen Fernseher bringen kann. Mit Raspberry Pi Hardware und Linux muss man sich dann nicht beschäftigen. Anstecken – Konfigurieren – Fernsehen. Ganz einfach.
Was ist Amazon Fire TV?
In kurzen Worten: Fire TV ist eine Box, die Amazon Prime Video Inhalte auf den heimischen Fernseher bringt.
Dabei gibt es zwei Geräte:
- Den Amazon Fire TV Stick für ca. 40 EUR. Der wird direkt in einen HDMI-Port des Fernsehers gesteckt und verbindet sich per WLAN mit dem Internet.
- Die klassische Amazon Fire TV Box für ca. 90 EUR. Die ist leistungsstärker, kann bis 4k Ultra HD, hat mehr Arbeitsspeicher, WLAN und Ethernetanschluss, sowie USB und einen Micro-SD Slot.
Beide Geräte haben ein Netzteil und bringen eine Fernbedienung mit, die Box hat sogar eine Fernbedienung mit Spracheingabe.
Für den Anwendungsfall Zattoo sind beide Geräte gleichermaßen geeignet und Amazon Prime als kostenpflichtiger Dienst wird nicht benötigt. Prime kann man natürlich dazu nehmen, wenn man diese Inhalte anschauen möchte. Aber auch ohne Prime kann man den Fire TV (Stick oder Box) dazu verwenden, einen klassischen Fernseher internetfähig zu machen. Es lassen sich nämlich Apps installieren – ähnlich wie man es vom Smartphone kennt. Und diese Apps eröffnen dann den Zugang zu verschiedenen Mediatheken, zu Youtube, zu Maxdome, TV NOW, oder Netflix und zu vielen Spielen.
Was ist Zattoo?
Zattoo ist ein schweizer Anbieter von TV-Streaming über das Internet. Zattoo-Kunden können am PC im Browser fernsehen, oder per App am Smartphone und Tablet. Und Zattoo unterstützt verschiedene Boxen, die das Fernsehprogramm über das Internet auf den heimischen Fernseher bringen, Chromecast zum Beispiel, oder Nvidia Shielt, XBox One und Amazon Fire TV. Inoffiziell gibt es auch AddOns für Kodi.
Zattoo bietet einen kostenlosen werbefinanzierten Zugang mit verringerter Bandbreite und ein Zattoo HiQ genanntes Angebot mit ca.90 Sendern. Davon werden ca. 30 Programme in HD übertragen. Die Privaten (RTL, Pro7, …) sind auch mit dabei, allerdings nicht in HD. Dazu kommen dann noch On-Demand-Angebote und Funktionen wie Restart (Sendung von Anfang an anschauen) und Recall (Programm 7 Tage zurück aufrufen) – das aber nur für einige Sender und oft nur per Browser und Smartphone-App. Zattoo HiQ kostet 9,99 EUR pro Monat oder 99,99 EUR für ein Jahr (also umgerechnet 8,33 EUR im Monat).
Für Zattoo HiQ gibt es einen kostenlosen Schnuppermonat, den man auf der Website ordern kann. Damit lässt sich gut ausprobieren, ob Zattoo zufriedenstellend läuft. Allerdings muss man bei der Anmeldung bereits seine Kreditkartendaten (oder Paypal) angeben, denn nach Ablauf des Monats wird Zattoo automatisch kostenpflichtig, wenn man nicht kündigt.
Die HD Programme werden in 720p50 Qualität ausgestrahlt, alle anderen in einer Auflösung von 1024 x 576 Pixel. Die Übertragungsbandbreite beträgt bis zu 5000 kbit/s.
Was wird benötigt?
- Ein HD-fähiger Fernseher mit HDMI-Anschluss.
- Internetzugang zum Beispiel per DSL. Die Filme werden mit bis zu 5 Mbit/s gestreamt. Zattoo spricht von 7 Mbit/s, die zur Verfügung stehen müssen, und empfiehlt einen 16 Mbit/s Internetzugang. Damit lassen sich nach meiner Erfahrung zwei oder drei Sendungen gleichzeitig übertragen, am Fernseher, PC und am Smartphone zum Beispiel.
- WLAN: Zattoo empfiehlt einen LAN-Anschluss (den hat nur die Fire TV Box, nicht der Stick) und äußert sich auf der Website vorsichtig zu WLAN. Bei mir ist WLAN überhaupt kein Problem, weder am Smartphone, noch an Raspberry Pi oder Fire TV Stick. Die Verbindung zum Router sollte halt nicht zu schlecht sein.
- Amazon Fire TV Stick oder Box.
- Zattoo HIQ als Tages- Monats, oder – Jahresabo, bzw. im Rahmen des kostenlosen Testmonats.
Installation
Hardware
In der Verpackung befindet sich beim Fire Stick:
- Der Fire TV Stick selbst,
- ein Netzteil mit USB-Micro-USB-Kabel,
- eine wenige Zentimeter lange HDMI-Verlängerung (die kann man natürlich weglassen, wenn sich der Stick direkt am Fernseher einstecken lässt),
- eine Fernbedienung und zwei AAA-Batterien dafür.
Der Stick kommt in einen HDMI-Port des Fernsehers, das Steckernetzteil in eine 230V Dose und das Kabelende seitlich in den Stick. Und natürlich legen wir die Batterien in die Fernbedienung ein. Dann schalten wir am Fernseher auf die entsprechende HDMI-Quelle und sehen das Blld vom Fire Stick.
Den Fire TV Stick einrichten
Fire TV versucht nun als erstes die Fernbedienung zu finden. Gegebenenfalls wird man aufgefordert die Hometaste (Haussymbol) an der Amazon-Fernbedienung für 10 Sekunden zu drücken. Dann geht es zur Sprachauswahl und im nächsten Schritt wird man aufgefordert ein WLAN-Netz auszuwählen und dazu das nötige Passwort einzugeben. Das braucht mit der Fernbedienung etwas Geduld. Danach sucht der Stick nach eventuellen Updates im Internet. Wer den Fire TV Stick direkt neu bei Amazon gekauft hat, der ist bereits mit seinem Namen als Benutzer des Stick eingetragen. Wer den Stick aus anderen Quellen bezogen hat, also beispielsweise gebraucht gekauft hat, der kann ihn nun mit seinem eigenen Amazon-Account verbinden. Dann läuft ein kurzes Einführungsvideo.
Ich wiederhole das hier nochmal, der Amazon Prime Dienst wird nicht dazu benötigt, um mit dem Fire TV Stick per Zattoo fernsehen zu können. Wer Prime aber kennenlernen möchte, der kann an dieser Stelle ein 30-Tage-Testangebot buchen. Ansonsten wird dieser Schritt einfach übersprungen, ebenso wie das folgende Angebot eine Kindersicherung zu aktivieren. Damit ist der Fire TV Stick bereits fertig eingerichtet. Als Prime-Kunde hätten wir nun Zugriff auf alle Primeinhalte. Aber auch ohne Prime können wir uns zum Beispiel Apps installieren für die verschiedenen Mediatheken der Fernsehanstalten, also ARD und ZDF zum Beispiel.
Zattoo einrichten
Um an die Zattoo-Inhalte zu kommen, installieren wir als nächstes die Zattoo-App. Das geht ganz einfach. Auf der Startseite (Haussymbol) gehen wir nach unten auf Apps, suchen dann die App Zattoo Live TV (oranges Symbol eines abgerundeten Fernsehers), drücken OK und warten bis die App installiert ist. Dann können wir sie mit OK gleich starten. Auch hier gibt es einen kurzen Einrichtungsdialog. Im ersten Schritt kann der Anzeigebereich des Bildschirms justiert werden. Dazu drückt man die Pfeiltasten oben und unten so, dass die vier angezeigten Pfeile vollständig sichtbar sind. Und im zweiten Schritt erfolgt die Eingabe der Anmeldedaten bei Zattoo. Hier hat man die Wahl, sich über Amazon anzumelden, aber typischerweise hat man bereits einen Account bei Zattoo und gibt darunter die E-Mail-Adresse und das Passwort ein, mit denen man sich bei Zattoo registriert hat.
Bedienung
Die Fire TV Startseite (siehe Bild oben) zeigt immer unter Aktuell die zuletzt gesehenen Inhalte oder Apps an. Hier im Beispiel der Reihe nach Zattoo, arte, ARD Mediathek und ZDF. Um mit Zattoo fernzusehen, gehen wir mit der Fire TV Fernbedienung nur nach rechts, so dass das Zattoo-Logo vergrößert angezeigt wird und drücken OK. Damit läuft schon ein Fernsehprogramm. Die vier Pfeiltasten um die OK-Taste haben innerhalb der Zattoo App besondere Funktionen:
- Nach oben: vorwärts zappen
- Nach unten: rückwärts zappen
- Nach rechts: Programminformation einblenden
- Nach links: EPG (Program Guide), Senderliste und Einstellungen
In den Einstellungen lässt sich unter anderem festlegen, ob jeweils alle Sender zur Auswahl stehen, oder nur definierte Lieblingssender. Damit lässt sich das unübersichtliche Programmangebot auf die Sender beschränken, die man wirklich sehen möchte.
Mit der Ok-Taste wird eine Aktion jeweils bestätigt und mit Zurück abgebrochen. Und mit der Hometaste (Haussymbol) wird die App verlassen und die Fire TV Startseite angezeigt. Wünschenswert wäre es, wenn nach dem Ausschalten des Fernsehers auch das TV-Streaming angehalten werden würde. Leider funktioniert das bei meinen beiden Amazon Fire TV Sticks nicht. Deshalb muss am Ende des Fernsehabends die Zattoo App mit der Hometaste beendet werden und erst auf der Startseite darf der Fernseher ausgeschaltet werden. Nur so ist gewährleistet, dass nicht die ganze Nacht unnötiger Datenverkehr über die Internetleitung läuft.
Alternativ gibt es zur mitgelieferten Fernbedienung auch eine Andriod und Apple App, die die gleiche Funktionalität aufs Smartphone bringt. Sogar mit Spracherkennung geht das, wobei sich per Spracherkennung zwar innerhalb von Fire TV nach Inhalten suchen lässt, innerhalb der Zattoo-App funktioniert das allerdings nicht. Die Smartphone App ist aber eine schöne Zweit-Fernbedienung.
Erste Erfahrungen
Bereits nach einer Woche waren unsere Erfahrungen so positiv, dass wir einen weiteren Amazon Fire TV Stick für unseren zweiten Fernseher geordert haben. Der hat einen Raspberry Pi mit Kodi und Zattoo Box Extended abgelöst. Im Vergleich zur Raspberry-Kodi-Lösung arbeitet der Fire TV Stick auf jeden Fall zuverlässiger und reagiert gefühlt auch akkurater und schneller auf die Bedienung mit der Fernbedienung.
Die Zeit für einen Senderwechsel beträgt ungefähr 3 Sekunden, das ist in etwa die gleiche Zeit, die auch Kodi auf einem Raspberry Pi braucht, aber deutlich länger, als die 1 bis 1,5 Sekunden beim alten DVB-T direkt am Fernseher. Zattoo im Browser und die Zattoo Smartphone App brauchen aber eher 4 Sekunden. So gesehen liegt der Fire TV Stick ganz gut. Über eine 16 Mbit/s DSL Leitung lassen sich problemlos zwei bis drei Streams gleichzeitig übertragen. Erst bei 4 HD Programmen gleichzeitig (zwei Fire TV Sticks, Browser und Android App) bleibt definitiv ein Empfänger auf der Strecke.
Zattoo äußert sich auf der Website vorsichtig zu Übertragungen per WLAN und macht Verbesserungsvorschläge für schwierige WLAN Konstellationen. Meine Erfahrungen sind aber durchaus positiv, WLAN ist gar kein Problem, allzu schlechte Empfangsbedingungen sollte man allerdings in der Tat vermeiden. Das kann zu Unterbrechungen und Nachladesituationen führen und zu verlängerten Umschaltzeiten.
Der Ton ist lippensynchron und die Bildqualität ist gut, Artefakte oder Verpixelungen, wie man es vom alten DVB-T kennt, gibt es bei Zattoo nicht. Nachladesituationen können aber schon mal auftreten, wenn der Stream abreißt. Und Kameraschwenks oder an einer fahrenden Kamera vorbeiziehende Landschaften wirken manchmal ein wenig ungleichmäßig und holprig.
Wunderbar bei Zattoo ist die Eigenschaft, dass eine einmal definierte Liste der Lieblingssender sofort auf allen Empfangsgeräten verfügbar ist. Man hat also an allen Fernsehern die gleiche Senderreihenfolge und am PC und Smartphone auch.
Ein Wort zum Datenschutz: Der Fire TV Stick ist fest mit einem Amazon Konto verbunden. Man darf also getrost davon ausgehen, dass Amazon Kenntnis davon erhält, welche Aktionen der Anwender auf seinem Fire Stick ausführt. Ob Amazon allerdings in die Apps hineinsehen kann und auch erfährt, welche Filme bei Zattoo angesehen werden, kann ich nicht beurteilen, ausschließen möchte ich das aber nicht. Zattoo selbst weiß natürlich genau, welche Sendungen abgerufen werden, denn bei Zattoo ist man als Kunde mit E-Mail-Adresse und Kreditkartennummer (oder Paypal) registriert. Ich will das nicht verteufeln, aber ein Schritt zum gläsernen Fernsehkonsumenten ist das auf jeden Fall und diese Tatsache sollte man sich auch bewusst machen.
Schmerzlich vermisst
Fernsehgeräte sind ja heute bedienungsmäßig ausgereift und bieten einen Komfort, den man nicht mehr missen möchte. Was fehlt also der Amazon Fire TV und Zattoo Kombination noch, um daraus wirklich umfassend komfortables Fernsehen zu machen?
- Direkte Programmwahl per Sendernummer. Das geht natürlich nicht mit einer Fernbedienung, die keine Zahlentasten hat.
- Die Previous Taste. Ich liebe sie. Mit der kommt man immer zum zuletzt gesehenen Programm zurück. In einer Werbepause kann man so leicht über das EPG in einen anderen Sender hineinschauen und per Previous Taste wieder zurück zum eigentlichen Programm kommen, also quasi zwischen zwei Sendern hin und her schalten.
- Sendungen vormerken. Im EPG kann man zwar sehen, was zu einem späteren Zeitpunkt kommen wird. Per Klick sollte man eine Sendung aber auch gleich vorwählen können, um sie später anzusehen.
- Sendungen aufnehmen. Ein integrierter Videorecorder wäre prima.
- Videotext. Das geht mit der Zattoo-App für Fire TV überhaupt nicht. OK, mit EPG ist Videotext heute nicht mehr so wichtig, aber schön wäre es schon.
- On Demand Angebote. Zattoo hat zahlreiche kostenlose On Demand Inhalte, die allerdings nur per Browser oder am Smartphone geschaut werden können. Das sollte die Zattoo Fire TV App auch können.
- Time-Shift. Programm pausieren, verzögert schauen, vor- und rückspulen – in Ansätzen geht das bereits auf einigen Sendern mit der Restartfunktion. Das lässt sich aber sicher noch verbessern und auf alle Sender ausweiten.
Fazit
Verbesserungsmöglichkeiten gibt es noch zahlreiche, aber TV-Streaming hat mit Zattoo einen Level erreicht, der es zu einer ernstzunehmenden Alternative zu anderen Techniken, wie dem neuen DVB-T2 macht. Und preislich liegt es absolut im Rahmen.
Wer nicht am Raspberry Pi softwarebasteln möchte, sondern eine stabile Kauf-Lösung bevorzugt, für den kann der Amazon Fire TV Stick (oder die Box) durchaus eine Option sein.
Habe den stick vor ein paar Wochen gekauft. Gut zufrieden.
Sehr leichte Installation und Handhabung. Würde ich immer wieder kaufen. Der fire stick ist auf jeden Fall empfehlenswert.
Ich denke ohne Zattoo-Abo macht der Service auf der Box keinen Spaß, da die Werbung einfach zu aufdringlich ist (vor jedem Aufruf, bei jedem Senderwechsel). Die Previous-Taste zum vorigen Programm macht erst so richtig Spaß, wenn der vorige Sender nicht auf dem nächsten oder vorigen Sendeplatz liegt. Da keine Direktanwahl möglich ist, ist das aber immer der Fall. Ansonsten wäre es eher interessant, wie die Box sich im Handling der verschiedenen Streaming-Anbieter schlägt.
Der Stick arbeitet sehr zuverlässig und hat ein gutes Bild. Jede Menge zusätzliche Angebote wie Mediatheken, Apps usw.! Funktioniert bestens, ob mit oder ohne Sprachsteuerung. Mein Fernseher wurde quasi aus 2012 nach 2017 geschickt.
Huhu. Nutze auch den Fire TV Stick, erste Generation. Ab und an etwas Schwach von der Leistung her. Da ich TV Now nutze und beinahe alle Sender eine App mit Livestream anbieten, brauche ich Zattoo nicht mehr. Ich schaue nicht viel TV, eher YouTube, diverse Internetportale. Es gibt mittlerweile eine App (Browser) mit der man Livestream schauen kann.
Kann ich auf mehreren Geräten gleichzeitig Fernsehen. Hat da jemand schon Erfahrungen?
Natürlich, das hatte ich im Beitrag auch beschrieben, bei mir gehen mit 16MBit/s drei Geräte gleichzeitig, also zum Beispiel zwei Fire-Sticks und ein Smartphone.