Nach der Installation und einigen ersten Tests ist es nun an der Zeit für einen Vergleich der verschiedenen Softwarepakete. Dabei treten gegeneinander an die drei Kodi-Linuxdistributionen OpenELEC, XBian und OSMC und in der Klasse der digitalen Videorecorder Tvheadend und VDR.
Nochmal kurz als Einstieg in das Thema, für diejenigen, die nicht alle vorhergehenden Artikel gelesen haben. Ich baue einen Media Center PC auf und verwende dabei folgende Komponenten: Einen Raspberry Pi 2, der direkt an den Fernseher angeschlossen wird, als Hardwarebasis und Kodi als Media Center Software. Dazu kommt noch die Möglichkeit Fernsehsendungen anzuschauen und aufzuzeichnen.
Vergleich der Kodi-Linuxdistributionen
Um es gleich vorweg zu nehmen, alle drei Linux-Distributionen (OpenELEC, XBian und OSMC) bringen die Media Center Software Kodi auf einen Raspberry Pi 2 und laufen dort performant und verlässlich. Alle drei sind Open Source und kostenlos, können aus dem Internet heruntergeladen werden und bauen intern auf einen 3.18er Linuxkernel. Dennoch gibt es Unterschiede, die die Produkte für verschiedene Anwendungsfälle auszeichnen und auch unterschiedliche Reifegrade der Software.
Nachfolgende Betrachtungen beziehen sich auf folgende Softwarestände:
- OpenELEC 5.0.8
- XBian 1.0 (Mai und Juni 2015)
- OSMC RC3 0.9.9
jeweils mit Kodi 14.2.
Installation
Die Installation, die ich für die einzelnen Kodi-Distributionen in separaten Artikeln bereits vorgestellt habe, funktioniert immer gleich: Eine Micro-SD-Karte wird nicht am Raspberry, sondern an einen anderen Rechner (Windows, Linux oder Apple) mit einem Betriebssystem-Image betankt. Die Karte kommt dann zurück in den Raspberry, der von ihr ein Linux mit vorinstalliertem Kodi bootet. Kodi bietet dann eine eigene Bedienoberfläche, so dass der Anwender mit Linux gar nicht in Berührung kommt.
XBian und OSMC bieten für Windows und Linux (Apple habe ich nicht getestet) ähnlich aussehende Programme an, die das Image aus dem Internet holen und auf die SD-Karte schreiben. OSMC fragt dabei sogar bereits die Netzwerkeinstellungen des RasPi ab, die allerdings später beim Booten nur selten funktionieren. Bei OpenELEC ist es etwas umständlicher und entspricht dem Verfahren bei Raspbian – dem Original-Raspberry Betriebssystem – soweit nicht NOOBS verwendet wird. Hier muss das Image erst von Hand aus dem Internet downgeloadet und entpackt werden. Dann kann es unter Linux per dd auf die SD-Karte geschrieben werden. Unter Windows muss dafür ein Image-Writer-Programm installiert werden.
Am einfachsten funktioniert die Erstellung der bootfertigen SD-Karte meiner Meinung nach bei XBian. Wobei es eingefleischte Linux-Anwender begrüßen werden, dass sie das unter OpenELEC einfach mit Betriebssystemmitteln (Befehl: dd) machen können und kein extra Programm installieren müssen.
Konfiguration
Bei allen drei Kandidaten läuft das im Prinzip gleich ab. Beim ersten Bootvorgang der neuen Software im Raspberry Pi wird automatisch die Linuxpartition auf die gesamte Größe der SD-Karte ausgeweitet und dann erfolgen einige Konfigurationsfragen. Ein kleines Minus fängt sich hier OSMC ein, weil der Einrichtungsvorgang beim ersten Boot wesentlich länger dauert, als bei den Mitbewerbern und weil die WLAN-Konfiguration rein per Tastatur Schwierigkeiten bereitet. Mir ist es nur mit der Maus gelungen ein WLAN-Netz auszuwählen. Ein dickes Minus erhält OpenELEC für die initiale Konfiguration für zwei Unzulänglichkeiten: Einmal lässt sich hier das WLAN überhaupt noch nicht einrichten, das muss danach separat gemacht werden und OpenELEC hat keinen NTP-Server vorkonfiguriert. NTP ist nötig, weil der Raspberry keine Echtzeituhr besitzt und die Uhrzeit deshalb immer über das Internet abgeglichen werden muss. Bei OpenELEC steht der Anwender dann vor der Frage nach einem NTP-Server und muss sich erst einmal einen ergoogeln, den er eintragen kann. Das muss nicht sein, die anderen beiden können das ja auch. XBian zum Beispiel meistert die initiale Einrichtung vorbildlich, hier kann das Netzwerk (auch WLAN) konfiguriert werden, es lassen sich sogar bereits vorhandene Codec-License-Keys eintragen oder ein früherer Backup zurückspielen.
Was alle drei Kandidaten nicht zustande bringen, ist die Abfrage der Zeitzonen-Region. Das muss nach der initialen Konfiguration von Hand nachgetragen werden, damit die Uhrzeit stimmt.
Zusätzliche Services
Samba ist bei OpenELEC bereits aktiv, SSH kann bei der initialen Konfiguration angewählt werden und ein FTP-Server ist als Addon verfügbar. Ausgezeichnet!
XBian hat SSH und Samba bereits von Haus aus aktiviert. Ein FTP-Server muss aber auf Linuxebene per apt-get installiert werden.
OSMC hält einen FTP-Server im App-Store bereit zur Installation. Auch Samba muss erst aus dem App-Store installiert werden. Lediglich SSH ist per default aktiv.
Was Live-TV angeht bringen alle drei Distributionen Frontend-Addons für Tvheadend und VDR mit, OpenELEC sogar VDR in beiden Varianten VNSI und XVDR. Bei den Live-TV Backends, also den Serverkomponenten schaut es bei XBian und OSMC schlecht aus. Tvheadend lässt sich zwar bei beiden installieren – funktioniert hat es bei mir allerdings nicht. Und VDR wird als Backend gar nicht angeboten. Einzig OpenELEC bringt sowohl Tvheadend, als auch VDR als Addons mit. OpenELEC ist auch die Distribution mit der umfangreichsten Liste an mitgebrachten Firmwaredateien für verschiedene DVB-Sticks. Damit ist OpenELEC eindeutig der Favorit für Live-TV.
Betrieb und Performance
Alle drei Distributionen basieren irgendwie auf Linux. XBian und OSMC sind Abkömmlinge von Debian-Linux und der gesamte Befehls- und Erweiterungsschatz von Debian steht damit auch den beiden Distributionen zur Verfügung. OpenELEC geht einen eigenen Weg und hat das klassische Linux stark umgebaut und reduziert, Hier steht nur ein eingeschränkter Befehlssatz zur Verfügung und die Nachinstallation von Linuxprogrammen mit apt-get ist nicht möglich. Die Betriebssystempartition hat OpenELEC generell auf read-only gesetzt, was die Sicherheit erhöhen soll, Änderungen in der config.txt aber erschwert. Dass der SSH-Zugriff per root erfolgt, wird Sicherheitsfanatikern allerdings nicht gefallen.
Was die Performance angeht, haben die Optimierungen bei OpenELEC zu keinen signifikanten Vorteilen gegenüber den anderen beiden Betriebssystemen geführt. Die haben ihrerseits ja auch optimiert. Gefühlt läuft Kodi unter allen drei Distributionen ordentlich flott, der Raspberry Pi 2 bringt hierfür genug Power mit. Bei Messungen von Dateitransfers über WLAN liegen die drei Kandidaten nahe bei einander, wobei XBian das schwächste System ist und OSMC die Nase leicht vorn hat. Einen Fauxpas leistet sich XBian beim Zugriff über das Netz auf eine externe USB-Festplatte. Hier ist der Datendurchsatz fast um den Faktor 10 schlechter als bei den Mitbewerbern.
Während OpenELEC und XBian mit dem Standard Confluence Skin daherkommen, spendiert OSMC ein eigenes sehr minimalistisches optisches Layout. Das mag vom Performancegedanken her nicht schlecht sein, was die Bedienbarkeit angeht hat dieser Skin aber noch Schwächen. So sind die aktivierten Punkte in Untermenüs nur schwach hervorgehoben, so dass zum Beispiel der Dateimanager nur eingeschränkt bedienbar ist. Der Skin lässt sich natürlich wechseln, aber dann fehlt der Menüpunkt My OSMC und damit zahlreiche Einstellmöglichkeiten.
Dokumentation und Community
Doku-Wiki und Support-Forum sind bei allen drei Kandidaten vorhanden. Die Dokumentation ist bei XBian eher spärlich, bei OSMC eine große Frage-Antwort-Liste und nur bei OpenELEC wirklich umfangreich. Die größte User-Community hat sicher auch OpenELEC, aber auch bei den beiden anderen ist viel Aktivität in den Foren.
Fazit Kodi-Distributionen
Nicht umsonst kommt OpenELEC bereits in der Version 5.x daher, während XBian bei 1.0 gerade der ersten produktiven Stand erreicht hat und OSMC mit 0.9.9 RC3 noch nicht mal das.
Für Anwender, die möglichst wenig mit Linux in Berührung kommen wollen, ist OpenELEC das Betriebssystem der Wahl. Und ebenso für Anwender die auf der selben Hardware einen digitalen Videorecorder als Backend laufen lassen wollen.
Wer dagegen ein voll umfängliches Linux benötigt und dennoch nicht selbst Kodi unter Raspbian installieren möchte, der sollte einen näheren Blick zunächst auf OSMC werfen dann auf XBian.
Vergleich der digitalen Videorecorder
Betrachten wir nun zwei Softwarekomponenten, die es ermöglichen Live-TV zu schauen und Fernsehsendungen aufzuzeichnen. Da Kodi eine derartige Komponente nicht direkt mitbringt, sind wir auf Drittprodukte angewiesen, die sich aber gut in Kodi integrieren lassen. Lauffähig auf einem Raspberry Pi 2 sind Tvheadend und VDR.
Installation und Konfiguration
Leider wird nur von der Kodi-Distribution OpenELEC die Installation der Backendkomponenten von Tvheadend und VDR per Addon direkt aus Kodi heraus geboten. Unter XBian und OSMC muss zur Zeit getrickst oder gar aus den Quelltexten selbst kompiliert werden. Tvheadend bietet zwar ein eigenes Repository an, aus dem fertige Pakete installiert werden können, der ARM-Prozessor eines Raspberry Pi wird dort allerdings eher stiefmütterlich behandelt.
Die Konfiguration des Backends, hier vor allem die Sendersuche kann bei VDR direkt aus Kodi heraus – also mit der Fernbedienung am Fernseher – erfolgen. Bei Tvheadend passiert das von einem anderen PC aus über eine Weboberfläche.
Betrieb
Beide Softwareprodukte funktionieren unter OpenELEC recht gut. VDR hat Tvheadend allerdings voraus, dass es ein vernünftiges Timeshift beherrscht. Bei Tvheadend (zumindest bis Version 3.9) beschränkt sich Timeshift auf Pause und Play, ein Vor- und Rücklauf funktioniert nicht.
Fazit PVR-Software
Aufgrund der besseren Integration in Kodi und der Timeshiftfunktion ist VDR mein Favorit bei den digitalen Videorecordern.
Abschließend …
OpenELEC und VDR bieten eine unkomplizierte und schnelle Möglichkeit einen Raspberry Pi 2 in ein Media Center mit Kodi zu verwandeln – Live-TV inklusive. Dieses Gespann ist meine Empfehlung für Anwender, die den direkten Kontakt mit dem Linux-Betriebssystem eher vermeiden möchten.
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Just a small comment about the XBian version. This page explains why XBian version 2.0 will never arrive in that sense.